Seite:Ferdinand Wilhelm Weber - Kurzgefaßte Einleitung in die heiligen Schriften (11. Auflage).pdf/288

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Textes zu richten. Die Textkritik, wie man diese wissenschaftlichen Bemühungen nannte, versuchte ihr Ziel zu erreichen mittels der Citate der ältesten Kirchenväter aus dem N. Testament, der ältesten Übersetzungen und insonderheit der aus dem Altertum auf uns gekommenen Handschriften (Codices) des N. Testaments. Die ältesten und entscheidendsten dieser Codices sind: 1. der Codex Vaticanus, aus der Zeit Konstantins des Großen, aufbewahrt in der Bibliothek des Vatikans in Rom; 2. der Codex Sinaiticus aus derselben Zeit, von Konstantin Tischendorf 1859 im St. Katharinenkloster auf Sinai aufgefunden und in St. Petersburg aufbewahrt; 3. der Codex Alexandrinus, aus etwas jüngerer Zeit, im British Museum in London. Der erste wird mit der Chiffre B, der zweite mit א, der dritte mit A bezeichnet. Diese älteren Codices heißen Uncial-Codices; sie sind mit lauter großen griechischen Buchstaben geschrieben, ohne Accente und fast ohne alle Interpunktion (s. o.). Das meiste Ansehen auf wissenschaftlichem Gebiete genießt unter den mit den Mitteln der Textkritik hergestellten Textausgaben die von Tischendorf. Derselbe konnte auch den früher nicht zugänglichen Codex Vaticanus vergleichen und für die Herstellung eines möglichst authentischen Textes nutzbar machen. Neben ihm ist der durch besondere Zuverlässigkeit, ausgezeichnete Engländer S. P. Tregelles, desgl. Westcott zu nennen.

 Anmerkung. Für ein sorgfältiges Studium des N. Testaments ist der Gebrauch einer kritischen Textausgabe unerläßlich. Dieselbe gibt unter dem Text den sogen. kritischen Apparat, d. h. sie stellt die wichtigsten Lesarten aus den besten Codices zusammen, indem sie diese mit gewissen Zeichen bezeichnet. Über diese Bezeichnung, sowie besonders über Alter, inneren Wert und Gebrauch der verschiedenen Handschriften gibt eine den textkritischen Ausgaben vorausgehende Einleitung die nötige Belehrung. Empfehlenswert ist die Ausgabe von C. Tischendorf, Novum Testamentum graece; editio academica, Leipzig; sowie O. von Gebhardt, das N. Testament, griechisch nach Tischendorfs letzter Revision und deutsch nach dem revidierten Luthertexte mit Angabe abweichender Lesarten. Leipzig, bei Tauchnitz. Desgleichen die von E. Nestle, Stuttgart, Württemb. Bibelanstalt (1901 dritte Ausgabe).




Kap. 4.
Von den Übersetzungen des N. Testaments.

§ 65.

 Im altchristlichen Osten erhielt zuerst die syrische Kirche von