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„Tag des HErrn“, ein Gedanke, der der Zeit des Amos c. 5, 18–20 bereits geläufig war, stammt von Joël. Damit stimmt auch überein der engere geschichtliche Horizont bei Joël im Gegensatz zu Ezechiel c. 38. Er kennt den von Mitternacht c. 2, 20; die Macht der Syrer hatte sich damals bereits bemerklich gemacht und leitete die nordische Bedrängnis ein; er weiß von dem Handel der Phönizier nach Jonien, (doch nicht von der griechischen Weltmacht, wie etwa Sacharja c. 9, 13); dann kennt er noch Arabien als entsprechend fernes Land, und endlich Ägypten und Edom, als Feinde, was sich auf dem Zug Sisaks gegen Rehabeam beziehen kann und überhaupt auf die Ereignisse seit dem Abfall Salomos 1 Kge. 11, 14; 2 Chron. 12, 8; 14, 9 u. s. w. – Auffallend in so früher Zeit ist c. 4, 1 der Begriff der Wendung des Gefängnisses Judas und Jerusalems. Doch scheint mit der Teilung des israelitischen Reiches Juda durch Sisak 2 Chron. 12, 8 in eine gewisse Abhängigkeit von dem mächtigen Nachbarreich gekommen zu sein, jedenfalls war es keine Großmacht mehr, wie unter David-Salomo. Dem entspricht, daß Amos c. 9, 11 von der zerfallenen Hütte Davids redet, und Hosea (trotz c. 1, 7) von der Wendung des Gefängnisses auch Judas. – (Nach gewöhnlicher Annahme soll Joël in der ersten Zeit des Joas von Juda geweissagt haben, da einerseits der nordische Feind nicht erwähnt werde, dem Joas am Ende seiner Regierung erlag, andrerseits damals der rechte Gottesdienst in Schwang ging, wie ihn Joël vor Augen hat. Allein der nordische Feind wird allerdings c. 2, 20 erwähnt.)

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 2. Der Hauptgegenstand der Rede Joëls ist der kommende Tag des HErrn und zwar durch das ganze Buch. Der Tag des HErrn ist ein Ereignis von doppelter Bedeutung, es ist zunächst ein Tag des Zorngerichts über das Volk Gottes durch Heiden, aber durch Israels Buße wendet sich dann dies Ereignis in ein Gericht über die feindselige Heidenwelt. Mannigfach ist das Volk Gottes von feindlicher Weltmacht bedrängt worden; Joël faßte den furchtbaren Abschluß aller dieser Feindseligkeiten ins Auge. Den feindlichen Ansturm schildert Joël unter dem Bild eines Heuschreckenheeres, seine Vernichtung unter dem einer Ernte. Andere Ausleger halten die von Joël geschilderte Heuschrecken-Verwüstung für eine durch