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Engelnamen Gabriel und Michael erscheinen Luk. 1, 19 und Apok. 12, 7 wieder. Somit geben beide Schriften Zeugnis für Daniel. – Zum andern wird Daniel durch die Geschichte voll beglaubigt. Er weissagt c. 9 den gewaltsamen Tod des Messias und die darauf folgende zweite Zerstörung Jerusalems durch Titus, die 234 Jahre nach dem Aufhören der Bedrängnis durch Antiochus Ep. stattfand. Sein Blick reicht über das damals erst aufstrebende römische Weltreich hinaus; c. 2, 33 und v. 41–43 sieht er das Eindringen eines anderen Elementes in das römische Reich voraus. Dieses fand statt durch das Eindringen der deutschen und anderer nordischen Völker ins untergehende römische Reich, das doch auch nicht ganz unterging, sondern in dem heiligen röm. Reich deutscher Nation sich fortsetzte. Er sieht, wie sich gegen den Ausgang der Entwicklung des letzten Reiches das Bestreben nach einer Besonderung der einzelnen Teile geltend macht. Dies Beginnen sehen wir schon im Mittelalter anfangen, in unserer Zeit aber mehr und mehr sich vollenden, indem die einzelnen Nationen sich besondern. (Vgl. die 10 Zehen und die 10 Hörner c. 2 und c. 7.) – Zum Dritten konnten die Zeitumstände der Jahre nach 168 v. Chr. auf gewisse Gedanken, die wir in Daniel ausgesprochen finden, gar nicht führen. Entsprechend der Weissagung c. 11, 30 war Antiochus Epiphanes von den Römern und zwar nicht einmal durch Waffengewalt, sondern durch eine bloße Gesandtschaft gezwungen worden, von Ägypten abzustehen. Gedemütigt, wie ein unbescheidener Knabe, hatte er sich in sein Reich zurückziehen müssen. Wie sollte bei einer solchen Sachlage ein Zeitgenosse darauf gekommen sein, zu vermuten, daß Antiochus nochmals einen letzten Zug gegen Ägypten unternehmen werde, da ihm nicht nur Ägypten, sondern auch Mohrenland und Libyen vollständig in die Hand würde gegeben werden? Sodann, daß er nicht durch die Römermacht, im Westen würde beunruhigt werden, sondern durch ein Geschrei von Mitternacht und Morgen, von wo damals keine Gefahr drohte? So weissagt aber Daniel c. 11, 40–45. – Zum andern: Der geschichtliche Antiochus Ep. war bekanntlich ein fanatischer Verehrer des olympischen Zeus, des obersten griechischen Gottes, c. 11, 37–39 ist mit diesem Antiochus eine vollständige Metamorphose vorgegangen. Wie hätte ein Jude zur Makkabäerzeit auf diesen Gedanken kommen können? Ein solcher Vorgang liegt außerhalb der natürlichen Berechnung des Menschen; seines gleichen ist auch in der ganzen 300j. Verfolgungszeit der ersten Christenheit nicht vorgekommen. – Endlich finden wir in der Zeit der antioch. Verfolgung den Glauben an die Auferstehung als Haupttrost der makk. Märtyrer. Diese Thatsache setzt voraus eine vollkommen deutliche Belehrung darüber, wie wir sie nur in Dan. 12, 2–3 in eigentlicher Weise vor uns haben. Solche Überzeugung wird nicht von heute auf morgen gewonnen, noch schlägt sie im Handumdrehen Wurzeln im Gemüt. Sie setzt längere Vertrautheit mit einer darüber gegebenen Belehrung voraus; auch aus diesem Grund kann Daniel nicht der antioch. Verfolgung gleichzeitig sein, vgl. übrigens den ganz andern Trost der drei Männer im feurigen Ofen Dan. 3, 16 etc.

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