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Buches von Daniel stammt. Über die Person Daniels wissen wir nichts, als was das Buch Daniel selbst besonders c. 1 uns erzählt und Ezech. 14, 14. 18. 20; 28, 3 der Hauptsache nach bestätigt.

 Demnach stammte Daniel aus einer vornehmen Familie ab und kam als Jüngling im 3. Jahre Jojakims infolge der Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar nebst mehreren anderen Judäern nach Chaldäa (1, 1. 6). Hier wurde er in Gesellschaft von drei anderen Jünglingen seiner Nation drei Jahre lang zum königlichen Dienst vorbereitet, nachdem er seinen hebräischen Namen mit dem babylonischen Beltschazar hatte vertauschen müssen. (Vgl. Gen. 41, 45.) Esther 2, 7. 2 Chr. 36, 4.) Durch die Deutung eines Traumes erlangte er ein bedeutendes Hofamt und die Würde eines Vorstehers der babylonischen Magierkaste (2, 48). Als die Meder Babylon einnahmen, stieg er zur Würde eines Staatsministers empor (6, 1 f.), und in dieser Würde verblieb er auch noch eine Zeitlang unter Cyrus (1, 21; 6, 28; 10, 1). Über sein Lebensende haben wir keine sichere Kunde. Welches Ansehen er aber seiner Weisheit und Gottesfurcht wegen unter den jüdischen Exulanten genossen habe, bezeugen uns die oben angeführten Stellen aus dem Propheten Ezechiel.

 2. Die Echtheit des Buches. Die jüdische Tradition und die ältere christliche Kirche haben einstimmig angenommen, daß der im Buche Daniel von sich selbst Erzählende eine geschichtliche Person und das Erzählte geschichtliche Thatsache, das Buch aber, so wie es vor uns liegt, ein Bericht jenes Daniel selber sei. Aber nachdem schon der Neuplatoniker Porphyrius († 304) im 12. Buche seiner Schrift wider das Christentum die Behauptung aufgestellt hatte, das Buch Daniel stamme nicht von jenem Daniel des Exils, sondern von einem Juden aus der Zeit des Antiochus Epiphanes, welcher nicht Zukünftiges weissage, sondern Vergangenes erzähle, und wo er ja etwas Zukünftiges weissage, falsch weissage, – so fing man im vorigen Jahrhundert an, mit dem Heiden Porphyrius die Echtheit des Buches Daniel in Frage zu stellen, und jetzt gilt es bei nicht wenigen wissenschaftlichen Theologen für eine ausgemachte Sache, daß es einen Daniel, wie ihn das Buch darstellt, und solche Begebnisse und Visionen, wie sie da erzählt werden, in Wirklichkeit gar nicht gegeben, sondern daß ein Jude zur Zeit des Antiochus Epiphanes dieses Buch geschrieben habe, um seine Zeitgenossen im Kampfe mit der widergöttlichen Weltmacht zu ermuntern und mit ihrem baldigem Aufhören und dem Erscheinen des messianischen Reiches zu trösten. Aber dafür, daß die Person Daniels geschichtlich sei,