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illustrieren und erklären seine prophetischen Reden. Er ringt mit seinem Volk, ja mit seinem eigenen Geschick; gegen das Ende seiner Wirksamkeit scheint er überwunden zu haben und innerlich ruhig geworden zu sein; das Elend seines Volkes aber bleibt ihm unaufhörlich beklagenswert. Er ist es, der den Klagegesang über die Zerstörung Jerusalems anstimmt.

 Mit Recht hat man an den Weissagungen unseres Propheten den Charakter der Innerlichkeit hervorgehoben. Glauben sucht der HErr, nicht Opfer; eitel ist das fleischliche Pochen auf das Privilegium des Volkes Gottes (c. 7). Das Wort Gottes ist des Herzens Trost. Der neue Bund, den Gott aufrichten wird, besteht darin, daß der HErr das Gesetz in das Herz schreiben wird, so daß alle ihn kennen. Jehova selber wird ihre Gerechtigkeit sein; man wird dann keine Bundeslade mehr besuchen, der HErr selber wird in der Mitte seines Volkes wohnen. – Aber es fehlt seinen Weissagungen auch nicht die leibliche Seite; er sieht die 12 Stämme Israels wiederkehren; Jerusalem wird gebaut, wie es vorher stand; das Geschlecht Davids wird wieder seine alte Stellung einnehmen, desgleichen sollen auch künftig Priester und Leviten vor dem HErrn stehen und ihm dienen; noch werden die Hüter auf dem Gebirge Ephraim zu den Festversammlungen aufrufen; denn der HErr wird Israel aus dem Mitternachtsland wieder heimbringen; das hat Jeremia mit der Deutlichkeit eines Zeitgenossen der babylon. Gefangenschaft verkündet. – Jeremia gehört zu den späteren Propheten; es finden sich in seinen Schriften so viele Anklänge an die früheren, daß man die Benutzung derselben unter seine Eigentümlichkeiten rechnen muß; er pflegt aber den Gedanken der früheren Propheten umzuprägen und in neuer Gestalt zu bringen. So erinnert z. B. c. 3, 6–4, 4 an Hosea c. 2 und 14, in einzelnen Versen ganz auffällig; vgl. 3, 22–25 mit Hos. 14, 3–5. Mit c. 3, 11 aber stellt er Abfall und Strafe Israels in ein neues Licht, c. 8, 7 bringt in neuer Wendung den Gedanken von Jes. 1, 3. Den Gedanken Jes. 40, 12–25, aus dem Jesaja die Exulanten Trost schöpfen heißt, sollen dieselben nach Jeremia 10, 11 zu einem Angriff auf die Eitelkeit des Götzendienstes verwenden. Vgl. auch c. 9, 3–6 mit Mich. 7, 4–6; c. 50, 19 mit Mich. 7, 14 u. s. w.