Seite:Ferdinand Wilhelm Weber - Kurzgefaßte Einleitung in die heiligen Schriften (11. Auflage).pdf/159

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

in der Gegenwart und seiner Herrlichkeit in der Zukunft; in gleicher Weise steht sich einander gegenüber das jetzt betrübte aber einst verherrlichte Zion; im 3. Teil der Gegensatz innerhalb Israels selbst, der Heuchler, der Sünder, der Abgefallenen auf der einen Seite, der Treuen, der Trauernden, der Verfolgten auf der anderen; hiermit steht im Zusammenhang der Gegensatz des jetzt sich zurückhaltenden, zu seiner Zeit aber in der Errettung und Gericht mächtig hervorbrechenden HErrn. Denn im 1. Teil ist hauptsächlich die Erlösung aus Babel dargestellt, in welcher die Weissagung Jehovas sich erfüllt, den Götzen und ihren Verehrern zur Beschämung und zum Sturz, Israel aber zur Heilung von eigener Verblendung; im 2. Teil die Erhöhung des Knechtes Gottes, der Gottes Heilswerk in Israel ausrichtet, aus tiefer Erniedrigung; damit ist auch zugleich das Aufhören der Verstoßung und die Wiederaufnahme Israels gegeben; denn mit seinem Leiden und Sterben hat der Knecht Gottes Israels Schuld gebüßt. Der 3. Teil zeigt die Herrlichkeit, in der das Volk Gottes einst erglänzen soll; aber es ist nicht abzusehen, wie Israel zu jenem verheißenen Glück gelangen soll; seine dermaligen inneren Zustände sind verzweifelte; die Herrschaft der Sünde und der Sünder läßt das Heil nicht kommen, das Volk droht zu verkommen. Doch der HErr vergißt die Seinen nicht. Wenn das Verderben den Gipfel erreicht hat, so greift er drein, die Seinen zu erretten, seine Feinde zu richten. (Teilweise nach Delitzsch.)

 Der HErr wird sein Volk erlösen, das ist der Grundgedanke des 2. Teils; aber der Prophet bleibt nicht stehen bei der äußeren politischen Knechtschaft des Volks; sein Blick geht tiefer und weiter. Israel steht unter dem Zorn Gottes, es liegt in den Banden des sündlichen Verderbens. Dreifach ist seine Gefangenschaft, dreifach die Erlösung und in gewissem Sinn auch der Erlöser nämlich Cyrus, der leidende Knecht des HErrn, der HErr selbst in seiner göttlichen Herrlichkeit. Auch der Gegenstand der Erlösung ist ein dreifacher: einmal das Volk als Ganzes, sodann die Gemeinde der Gläubigen im Volk (des HErrn Knechte), endlich jener Knecht Gottes, der Israels Bestimmung in sich verwirklicht und Israel seiner Bestimmung entgegenführt, Israel Heil und Helfer, dem doch auch wieder selber geholfen werden muß.

 Diese Gedanken nun sind in den 3 Abschnitten des 2. Teils in merkwürdiger Weise mit einander verwoben. So handelt vom Knecht Gottes im ausschließlichen Sinn der 2. Abschnitt cf. c. 53); aber er kommt schon im 1. Abschnitt vor c. 42; ja auch im 3. Abschnitt c. 61. Von der Erlösung aus Babel redet der 1. Abschnitt; aber gegen das Ende des 2. kehrt sie wieder c. 56 und selbst im letzten (c. 65, 1–12) klingt sie noch nach. So sind die drei Abschnitte in den einzelnen Teilen ihres Inhaltes gleichsam in einander geschoben, unvermittelt kommt der Prophet von dem Hauptgegenstand des einen zu dem des andern; z. B. redet er c. 41 von der Erlösung durch Cyrus, c. 42, 1–8 von der Erscheinung des HErrn im Fleisch c. 42, 9–17 von der Erlösung durch die Machterscheinung des HErrn, von der er bereits in c. 41, 14–20 gehandelt hat. Er kann das, weil die Dinge, von denen er redet, innerlich zusammenhängen.