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man aus 1 Chr. 3, 19–24, daß unser Buch zu Ende der persischen Herrschaft entstanden sei, denn hier wird das Geschlechtsregister Serubabels durch sieben Glieder hindurch bis auf Anani herabgeführt; die sieben genealogischen Glieder geben, jedes zu 30 Jahren gerechnet, 210 Jahre, was eben auf das Ende der persischen Herrschaft führt. Doch ist der Text dieser Stelle unklar. Dagegen zeigt Nehemia 12, 11 sicher, daß der Verfasser resp. Redaktor des Nehemia-Buches, der, wie oben gezeigt, auch die Bücher der Chronik und das Buch Esra verfaßte, zur Zeit eines Jaddua schrieb, welcher, wie eine Vergleichung von Nehemia 12, 11 mit 13, 28 lehrt, zwei Geschlechter später als Nehemia, also 350–330 v. Chr., lebte. Auf einen anderen als Esra und auf eine spätere Zeit weisen aber auch im Buch Esra die ehrenden Prädikate, die ihm doch wohl von einem anderen beigelegt wurden, vgl. 7, 1–10.

 c) Wollen wir nun beide Reihen von Thatsachen vereinigen, so kommen wir darauf, daß ein Schriftgelehrter etwa in der Zeit zwischen 350–330 vor Christi Geburt die von Esra und Nehemia hinterlassenen schriftlichen Denkmale, wie sie oben aufgeführt sind, redigierte, d. h. zu einem mehrgliedrigen Ganzen verband und an gewissen Stellen ergänzte, und zwar so, daß der erste Hauptteil (die Chronik) die alte Zeit vor dem Exil umfaßt, während der zweite Hauptteil (Esra und Nehemia) die Restauration nach dem Vorbild und im Geiste jener alten Zeit durch Esra und durch Nehemia berichtet.

 Fraglich ist dabei noch, ob in der Chronik der geschichtliche Teil ebenso, wie das Buch der Genealogien von Esras Hand aufgezeichnet und später ergänzt, oder ob dieser Teil als Bindeglied zwischen dem Genealogienbuch und den Berichten über die Restauration durch Esra und Nehemia von dem jüngeren Redaktor neu eingefügt wurde. Für letzteres spricht, daß wir es hier lediglich mit Auszügen aus den älteren kanonischen prophetischen Geschichtsbüchern und anderen Quellen zu thun haben, die von einem gewissen Gesichtspunkte und zu gewissen Zwecken gemacht sind, sodann, daß der Verfasser persische Worte einflicht und nach persischen Münzen rechnet (1, 29,7), doch Wohl, weil die Erinnerung an die alte Sprache und die alte Münze längst erloschen und persisches Wesen schon ganz heimisch war. Endlich aber ist entscheidend, daß die Chronik mit Esra und Nehemia nicht mehr den früheren prophetischen Geschichtsbüchern angereiht, sondern ans Ende des Kanon gestellt wurde, während doch Maleachi, der mit oder nach Esra wirkte, den Propheten noch angereiht ward. Unsere Schrift fällt also jedenfalls in eine Zeit, wo die Prophetie erloschen