In wenigen Ländern hat der Forscher Gelegenheit sich mit geringer Mühe so genaue und eingehende Kenntnisse von der Märchenliteratur zu verschaffen wie in Russland. Es existiert nämlich eine von S. W. Savčenko verfasste umfassende Beschreibung der russischen Märchensammlungen, die unter dem Titel Русская народная сказка (Исторія собиранія и изученія) in den Nachrichten der Kijever Universität (Университетскія Извѣстія 1912, 1913) gedruckt ist. Savčenko hat durch sein Werk der vergleichenden Märchenforschung einen grossen Dienst geleistet.
Aber russische Märchen gibt es auch in Handschriftsammlungen, die noch nicht im Druck erschienen sind. Im Folgenden gebe ich einige Mitteilungen von den russischen Handschriftsammlungen, so weit es mir gelungen ist, darüber Auskunft zu erhalten.
In Petersburg existieren handschriftliche Märchenvorräte in den Archiven der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften und der Kaiserlichen Russischen Geographischen Gesellschaft.
Die Akademie der Wissenschaften hat eine wertvolle Sammlung von Rudčenko, die kleinrussische, meist längere Märchen, ungefähr 1800 Nummern, enthält. Gedruckt sind von ihnen nur die Märchen, welche Rudčenko selbst in seinen beiden Bänden herausgegeben hat, sowie einige wenige Märchen in den gedruckten Sammlungen von Čubinskij und Manžura. Die Sammlung stammt zum grössten Teil aus den 60-er und 70-er Jahren und soll in wenigen Jahren gedruckt werden. Eine bulgarische Sammlung von Verković enthält ausser vielen Liedern 100 Märchen. Sowohl die Lieder als die Märchen sind schon zum Druck vorbereitet. Im übrigen volkskundlichen Material der Akademie sind ungedruckte Märchen, Anekdoten usw. ungefähr 60 enthalten.
Die Russische Geographische Gesellschaft besitzt grosse Mengen von allem möglichen volkskundlichen Material (in
Antti Aarne: Übersicht der Märchenliteratur. Suomalaisen Tiedeakatemian Kustantama, Hamina 1914, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FFC14.djvu/63&oldid=- (Version vom 31.7.2018)