Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

nur kleinere Veränderungen: verbesserten die Unebenheiten und Entstellungen, auch schufen sie bisweilen aus zwei oder mehreren mangelhaften Stücken ein ganzes. Die Veränderungen ergaben sich daraus, dass sie neben der wissenschaftlichen Absicht die Redaktion eines Lese- und Unterhaltungsbuches für das deutsche Volk im Auge hielten.

Aber die von den Brüdern Grimm in den Märchen vorgenommenen Veränderungen machen die Sammlung doch nicht für wissenschaftliche Zwecke unbrauchbar. Über das, was sie veränderten, hat der Forscher Gelegenheit sich zu unterrichten. Im dritten Teil der Sammlung, der selbständig 1822 und vermehrt 1856 erschien, wird die Zusammensetzung jedes Märchens dargelegt und die Herkunft samt die bis dahin bekannten Varianten angegeben. Der Leser staunt über die Kenntnisse der Brüder Grimm bezüglich der Märchenliteratur ihrer Zeit. In dem Werke werden sowohl das klassische Altertum als die ältere und neuere morgen- und abendländische Literatur in Betracht gezogen. Es ist gerade dieser dritte Teil, der zunächst den Grund für die wissenschaftliche Forschung der Märchen gelegt hat. In Bezug auf die Zusammensetzung der grimmschen Sammlung siehe H. Hamann’s Die literarischen Vorlagen der Kinder- und Hausmärchen und ihre Bearbeitung durch die Brüder Grimm (Palaestra XLVII 1906) und E. Tonnelat’s Les contes des frères Grimm (1912).

Aber so wertvoll die grimmschen Anmerkungen den Märchenforschern auch gewesen sind, sind sie beim Fortschreiten der Forschung und beim Anwachsen der Literatur veraltet und mangelhaft geworden. Die Redaktion einer erneuerten Ausgabe derselben unternahmen zwei der vorzüglichsten Märchenforscher und Märchenkenner unserer Zeit, die Professoren J. Bolte und J. Polívka, und vor einiger Zeit wurde der erste Band ihrer umfangreichen Arbeit Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder

Empfohlene Zitierweise:
Antti Aarne: Übersicht der Märchenliteratur. Suomalaisen Tiedeakatemian Kustantama, Hamina 1914, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FFC14.djvu/26&oldid=- (Version vom 31.7.2018)