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Dieser Gedanke soll mir auch bei meinem gegenwärtigen Vortrage maßgebend sein.

 Von dem Principe, auf welchem, wie unsere Sache überhaupt, so auch die Thätigkeit der IV. Abtheilung ruht, brauche ich nicht zu reden; darüber hat Freund Löhe bereits ausführlich sich ausgesprochen. Lediglich auf eine Darstellung der Art und Weise werde ich mich zu beschränken haben, wie wir jenes Princip auf dem Gebiete der socialen Nothstände in Anwendung und Ausübung zu bringen versuchen wollen. Soll ich das wenige, das ich zu sagen gedenke, vorläufig in einen kurzen Satz zusammenfaßen, so möchte derselbe etwa so lauten: Wir wollen thun, was andere nicht thun, ohne zu laßen, was andere thun, wenn wir auch in Beziehung auf den Weg von ihnen differieren.

 1. Betrachten wir die Art und Weise, wie den socialen Nothständen unserer Zeit von denen, die ein Herz für die Menschheit haben, meistens gegenüber getreten wird, so finden wir: Man sieht den gränzenlosen leiblichen Jammer an, in dem sich Tausende befinden und macht sich nun frisch daran, demselben dadurch abzuhelfen, daß man jedem vorhandenen Uebelstande ein entsprechendes (materielles) Hilfsmittel entgegensetzt. Wir halten das für eine Danaiden-Arbeit und – fast möchte ich sagen – für noch was Schlimmeres. Es ist das Elend, das in den verschiedensten Formen auf der Menschheit liegt, ein Gottesgericht, das sie um ihrer Gottlosigkeit willen zu tragen hat. Das Elend beseitigen wollen ohne die Gottlosigkeit selbst, heißt nichts anderes, als Gott in die Arme fallen und seinem Schwerte wehren wollen. Das ist aber vergebliche Mühe und ein Frevel dazu. Wer dagegen der Gottlosigkeit entgegentritt, verstopft damit zugleich in demselben Grade, als er das thut, den Brunnen des Verderbens. Mag’s drum andern gefallen, das Unkraut abzublättern, so oder so: wir wollen uns lieber an die Wurzel machen. Schwerer ist unsere Arbeit, als jene, das ist gewis, und auch viel unscheinlicher: aber das soll uns nicht irre machen; wißen wir doch, daß wir nicht Luftstreiche

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Diverse: Fünf Festreden der Gesellschaft für innere Mission. Joh. Phil. Raw’sche Buchhandlung, Nürnberg 1850, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:F%C3%BCnf_Festreden_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_innere_Mission.pdf/51&oldid=- (Version vom 4.9.2016)