Seite:Fünf Festreden der Gesellschaft für innere Mission.pdf/14

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

heilige Scheu erhalten war, gut regieren; als ihnen die Kirche ein zuchtlos Volk übergab, verweltlichte mit der entarteten Kirche der Staat, – Zuchtlosigkeit drang überall hin. Die Kirche, die mit der Zucht ihre Haltung aufgegeben hatte, half dem Staate nicht mehr; so half ihr auch der Staat nicht mehr, er trat sie nieder und sie hatte, weil keine Zucht, keine Macht und Kraft mehr, der wohlverdienten Behandlung den gesegneten Widerstand entgegenzusetzen. Die Zwecke giengen auseinander, die Trennung von Staat und Kirche bereitete sich vor – und wer ward schuldig, wenigstens mitschuldig daran und an der ganzen heillosen Gestaltung der neueren Zeit, wenn nicht die Kirche, die ihre Würde verlor, als sie in der Zucht ihre gröste Macht und den Schmuck der Heiligung aufgab? – Die Bedeutung, welche ich hiemit der Zucht beilege, ist groß. Irre ich, will ich mich weisen laßen. Aber etwas ist gewis an dem, was ich sage. Es ist nicht zu berechnen, was für ein Aufenthalt des Bösen in der h. Zucht der sonst wehrlosen Kirche liegt, – und welche sittliche Kraft erweckt und gefordert wird, wenn Sinn und Lust zur Zucht erweckt und gefördert wird. Drum finde ich das Wort im allgemeinen und insbesondere auch das Wort von der Zucht für groß und heilsam und aller Treue der innern Mission werth. –

.

 Es muß also vor allem für die Seele gesorgt werden, das ist gewis – und mit dem Seelenwerk hat sich die innere Mission vor allem zu befaßen. Indes der Mensch ist Leib und Seele in der innigsten Verbindung; das Christenthum achtet den Leib im Verhältnis zur Seele, wie das Weib im Verhältnis zum Manne als auch Miterben des ewigen Lebens. Es vernachläßigt daher den Leib nicht, indem es die Seele pflegt. Sein heilig Wort im Munde – in der Hand das leibliche Brot, so steht der Erlöser der Menschen unter den fünf Tausenden und in der Welt, und er, welcher seinen Jüngern befiehlt, mit der Predigt in alle Welt zu gehen, – spricht auch beim Abschied von seinem Lehramt in der Zeit Mtth. 25, 35 ff.: „Ich bin hungrig gewesen und ihr habt mich gespeist, – krank und

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Fünf Festreden der Gesellschaft für innere Mission. Joh. Phil. Raw’sche Buchhandlung, Nürnberg 1850, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:F%C3%BCnf_Festreden_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_innere_Mission.pdf/14&oldid=- (Version vom 28.8.2016)