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Evangelium und damit Glauben und Seligkeit zu bringen. Einerlei Absicht ists, die er im Sinne hat, Sammlung, Zubereitung, Vollendung seiner Kirche. Einerlei Mittel sind es, die gebraucht werden: Wort und Sacrament. Was verschieden ist, sind nur die Gebiete: die äußere Mission arbeitet unter den Ungetauften, die innere unter den Getauften. Um des verschiedenen Gebietes willen sind aber die beiden nicht getrennt, sondern innerlichst verbunden, gleicher Würde und Ehre, gleicher Liebe und Treue werth. Was Gott zusammengefügt hat, soll kein Mensch scheiden.

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 Da es sich hier gar nicht darum handelt, etwas Ganzes und Erschöpfendes über innere Mission zu geben, sondern allein eine richtige Faßung des Begriffs „innere Mission“ und richtige Grundsätze bei ihrer Uebung anbahnen zu helfen, so können wir uns, wenn wir nur zum Zweck gelangen, es ganz wol gefallen laßen, einen Augenblick über innere Mission im Sinne derjenigen zu sprechen, welche gewohnt sind, sich unter derselben fast nichts anderes zu denken, als die Aufgabe, die sogenannten socialen Noth- und Uebelstände zu heben. Es ist ja wahr, daß gerade die civilisiertesten Länder Europas – unser deutsches Vaterland leider eingeschloßen – von einem leiblichen Elend überzogen sind, vor dessen drohender Gestalt und furchtbarer Ausdehnung man sich entsetzen kann. Armut und Hilflosigkeit greift schauerlich um sich, – Pauperismus, Proletariat, Communismus und wie die Namen alle heißen, mit denen das 19. Jahrhundert seinen Jammer classificiert, jagen jede Seele auf, die sichs gern möchte heimatlich und behaglich sein laßen im süßen Vaterland. Aber woher kommt all der Jammer? Neben diesem leiblichen Jammer steht und geht eine sittliche Versunkenheit und ein offenbarer Abfall vom Evangelium, welche beide nicht bloß an sich schrecklicher und verderblicher sind als alle jene beweinenswerthe Noth des Leibes, sondern von achtsamen und durch Gott geschärften Augen als Quellen der letzteren erfunden werden. Die leibliche Noth namentlich unsers Volkes ist eine Folge, eine unabwendbare

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Diverse: Fünf Festreden der Gesellschaft für innere Mission. Joh. Phil. Raw’sche Buchhandlung, Nürnberg 1850, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:F%C3%BCnf_Festreden_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_innere_Mission.pdf/11&oldid=- (Version vom 28.8.2016)