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dessen feinfühlende Gemahlin „Mein opulenter Mann“, zu nennen pflegte.

„Ah, – – Insinuationen! …“

„Davon ist nicht die Rede, aber werfen Sie doch nur einen Blick um sich!“

„Das thue ich täglich,“ entgegnete der Herr Verwalter mit einem Selbstbewußtsein, als ob es auf Erden nichts Ruhmvolleres geben könne, als Blicke um sich zu werfen. „Jeden vom Dache gefallenen Ziegel, jede gestohlene Latte, Herr Graf, Sie finden sie wieder – im Wirthschaftsjournal. Aber jedoch adaptirt, restaurirt darf nichts werden. Wir haben strikten Enthaltungsbefehl. „Thun Sie nichts ohne meinen Sohn!“ ist des Herrn Grafen stets von Neuem wiederholt ertheilte Weisung, der sich fügsam zu erweisen nicht immer ganz leicht fällt.“

„Weniger wörtlich befolgt wäre der Befehl besser befolgt,“ versetzte Paul. Er hatte den Rückweg angetreten und eilte rasch vorwärts, belästigt durch die Begleitung des Herrn Verwalters, dem es, wie sein schnaubender Athem verrieth, schwer wurde, mit ihm Schritt zu halten.

Am Ausgange des Dorfes befanden sich einige elende Baracken: die sogenannten „herrschaftlichen“ Arbeiterwohnungen. Der Wind blies durch ihre zerklüfteten Mauern, die Scheiben ihrer kleinen Fensterchen waren zerbrochen oder erblindet, die Löcher in ihren halb abgedeckten Dächern gemahnten an aufgerissene, hungrige Mäuler. Den Vordergrund des Jammerbildes bildete

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Marie von Ebner-Eschenbach: Nach dem Tode. In: Erzählungen. Berlin: Gebrüder Paetel, 1893, Seite 383. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erz%C3%A4hlungen_von_Marie_von_Ebner-Eschenbach.djvu/389&oldid=- (Version vom 31.7.2018)