„Wie können Sie von Gleichgültigkeit reden,“ erwiderte Thekla, „da Sie doch wissen …“ sie hielt inne.
„Ich weiß,“ rief er, „daß Sie mir Ihr Jawort gaben, als ich Sie fragte, ob Sie meine Frau werden wollen. Jetzt frage ich Sie, Thekla: Lieben Sie mich? … Sie haben mir Ihre Hand zugesagt, ist Ihr Herz mein? Fühlen Sie, daß kein Mann auf Erden Sie besitzen kann wie ich, das heißt, Sie besitzen mit allen Ihren Gedanken, Regungen und Empfindungen, mit Ihrem ganzen schrankenlosen Vertrauen? … Ist mein Glück das Ziel ihrer Wünsche, wie wahrlich das Ihre Ziel und Inbegriff der meinen ist … Lieben Sie mich?“
Er hatte die letzten Worte mühsam hervorgestoßen, sie kamen wie ein dumpfer Schrei aus seiner gepreßten Brust. Thekla hielt den Blick nicht aus, der schmerzlich und zornig auf ihr ruhte, bang wandte der ihre sich nach der Thür, durch welche sie hoffte ihre Mutter endlich eintreten zu sehen – niemals hatte sie ihre Mutter so sehnlich herbeigewünscht! …
„Sie kommt,“ sagte Paul, ihre stumme Bewegung beantwortend, „beruhigen Sie sich, sie wird gleich hier sein; ihre Anwesenheit wird mich aber nicht hindern so zu Ihnen zu sprechen, wie ich es thue … Weil ich muß, weil ich soll!“ Er ergriff ihre Hand und drückte sie heftig, ohne zu denken, daß er ihr weh that. Etwas Drohendes klang aus seiner Stimme, wogegen ihr Stolz sich empörte.
Sie zog mit Gewalt und Entrüstung ihre Hand
Marie von Ebner-Eschenbach: Nach dem Tode. In: Erzählungen. Berlin: Gebrüder Paetel, 1893, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erz%C3%A4hlungen_von_Marie_von_Ebner-Eschenbach.djvu/337&oldid=- (Version vom 31.7.2018)