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Pastor Meiling: Ja, sehen Sie, das ist eben der Punkt, in dem der Herr Herzog seine eigenen Anschauungen hat. Er macht die Angehörigen solcher Verirrten verantwortlich für deren Abfall. In guten Familien soll so etwas nach seiner Meinung überhaupt ausgeschlossen sein. Das ist ja, wenn man will, eine Härte, ganz besonders in diesem Falle; aber andrerseits können wir froh sein, daß wir einen Landesherrn haben, der keine Gelegenheit vorübergehen läßt, sein Christentum zu bekunden. Wenn meine Erwartungen mich – (Es klopft.)

Wöhlers: Herein!

Diener (bringt auf einer Platte einen Brief): Ein Brief für den Herrn.

Wöhlers (stutzt, da er die Aufschrifft liest. Nachdem der Diener gegangen ist): Von Behring!

Pastor Meiling (lebhaft): Wirklich? Nun sehen Sie: was hab’ ich gesagt!

Wöhlers: Je nun: Sie wissen ja noch nicht, was drin steht.

Pastor Meiling: Haben Sie keine Sorge! Wenn der Ihnen erst einen Brief schreibt – nach dem, was vorgefallen – dann ist er auch für mehr zu haben.

Wöhlers (nachdem er gelesen): Er bittet um eine Unterredung.

Pastor Meiling: Nun also! (Froh erregt) Er wird Sie natürlich um Unterstützung bitten. Und er wird wohl nicht so naiv sein, zu glauben, daß Sie ihm die so ohne weiteres gewähren. Nun, da bleibt uns ja nur noch übrig, die Bedingungen zu formulieren.

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Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/95&oldid=- (Version vom 31.7.2018)