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Wesen. Gesuchte weibliche Milde. Spricht sehr sanft und langgedehnt): Guten Morgen, Herr Behring! (Verbeugt sich lächelnd gegen Magdalene.)

Wolfgang: Guten Morgen, mein Fräulein; bitte, nehmen Sie Platz. Meine Frau – Frl. Stebeling.

Emilie Stebeling (Reserviert): Sehr erfreut. – Ich wollte nämlich wegen der Schule – ja – in einer Angelegenheit der Schule mit Ihnen, Herr Behring –

Magdalene (geht nach links ab.)

Wolfgang: Sehr wohl, mein Fräulein; was befehlen Sie.

Emilie Stebeling: Ja – Sie wollen also den Lehrerberuf aufgeben – ?

Wolfgang: Ich? Aufgeben – ?

Emilie Stebeling (ihn nicht ausreden lassend): Ja – man sagte mir, Sie hätten einen Vortrag, in der „Tonhalle“ glaub’ ich, gehalten –

Wolfgang: Allerdings – aber –

Emilie Stebeling (wie oben): Ja – er soll sehr hübsch gewesen sein – ich hatte leider keine Zeit –

Wolfgang: Bitte –

Emilie Stebeling: Nun – und da werden Sie ja jedenfalls die Stunden an meiner Schule auch aufgeben wollen. Es ist recht schade!

Wolfgang: Aber, mein Fräulein, ich sehe durchaus nicht ein – ich unterrichte ja an Ihrer Schule Naturwissenschaften –

Emilie Stebeling (mit größter Liebenswürdigkeit): Ja sehen Sie, nicht wahr? Und die Naturwissenschaften, finde ich, sollen ja gerade die religiösen Empfindungen im Gemüt des Kindes wecken.

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Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/72&oldid=- (Version vom 14.6.2022)