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grauen Zugtiere der Loyalität verdauen, das ist reif; was ihnen Indigestionen macht, ist unreif! Als ob die Distel darum reif wäre, weil die Esel sie fressen!

Magdalene: Soll ich dir’s gestehen? Ich habe gleich wegen dieses Vortrags große Besorgnis gehegt. Du hast selbst gesagt, daß das Gesetz deine Ansichten duldet, daß die Menschen sie aber nicht dulden.

Wolfgang: Nun? Und diesen schimpflichen, diesen unerträglichen Zustand soll ich etwa verlängern helfen? Ich verstehe nicht, wie du das erwarten kannst, Magdalene.

Magdalene (hat indessen die Vorhänge des Kinderbettchens zurückgeschlagen und winkt nun Wolfgang heran. Leise): St – Wolfgang!

Wolfgang: Nun?

Magdalene: Er wacht.

Wolfgang: So? (eilt zum Wagen) Morgen, mein Prinz! Gut geschlafen? – Sieh, wie er lacht!

Magdalene: Es ist ein freundliches Kind. Er lacht mich immer an, wenn er erwacht.

Wolfgang: Ja – Wie sollt’ er wohl nicht lachen, wenn er über sich ein so süßes, liebes, schönes, entzückendes Gesicht – ach du – (er küßt sie mit leidenschaftlicher Heftigkeit.)

Magdalene: Wolfgang! Du machst ja dem Jungen bange! Sieh, wie er uns erschrocken ansieht!

Wolfgang: Ei, was sollt’ er wohl bange werden! – Wirst du bange?

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Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/45&oldid=- (Version vom 13.6.2022)