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Wolfgang: Haben Sie denn die Werke dieser Schriftsteller gelesen oder gehört, Herr Pastor?

Pastor Meiling: (indigniert, aber gekünstelt = sanft zurechtweisend) Dazu hat ein christlicher Seelsorger keine Gelegenheit. Ich würde solche Bücher in meinem Hause nicht dulden, und daß ich nicht in’s Theater gehe, werden Sie sich denken können. Hm. (Zu Wöhlers:) Wie sehr sind Sie im Rechte, lieber Herr Wöhlers, wenn Sie die Zunahme der unchristlichen und unkirchlichen Gesinnung dem vom Radikalismus vergifteten Zeitgeiste zuschreiben! Welche Mühe es kostet, gegen diesen Satan zu kämpfen, Sie glauben es nicht. Leider kann ich, wie ich fürchte, meinen Amtsbruder in Hermsdorf von der Schuld an jener traurigen Erscheinung nicht ganz freisprechen. Er ist ein frommer, strenggläubiger Diener Gottes – ja ja! – in dieser Hinsicht unantastbar – aber er ist zu weich, zu nachsichtig, und er hat seltsame Begriffe von Toleranz, Sie verstehen!

Wöhlers: Vollkommen!

Pastor Meiling: Mir überhaupt ein unausstehliches Wort: Toleranz! Was heißt Toleranz? Schlaffheit, Schwachherzigkeit, Gleichgültigkeit. Nein, ein Seelsorger hat auch die Pflicht, streng und energisch zu sein. Ich denke, es ist doch z. B. selbstverständlich, daß man gottlose, abtrünnige Gemeindemitglieder nicht noch fördert und unterstützt!

Christine: {  (gleichzeitig)  } Natürlich!
Elise: Selbstverständlich!
Wöhlers: Das wäre noch schöner!

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Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/26&oldid=- (Version vom 31.7.2018)