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192 Fünftes Buch.


gethan hast. Niemals möge Dein Herz, das wünsche ich, Leichtfertigkeit so erfüllen, dass Du nicht allein rauhes Geschick zu fliehen, sondern sogar aus Mangel an Widerstandskraft das Leben weg zu werfen wünschest. Weibischer als alle zeigt sich der, der aus Furcht vor Unglück das Vertrauen zum Leben verliert. Kein Weiser will Unglück mit dem Tode loskaufen. Thöricht ist die Entrüstung über einen andern, ein Frevel die über sich selbst. Zur Feigheit wird die Aufwallung, die ihrem Träger das Leben nimmt. Wenn Du wegen einer Unbill und einer leichten Gemütserregung gleich den Tod suchst, wo wirst Du dann einen Rächer zurücklassen? Wer ist so sinnlos, dass er eine zweifelhafte Glückslage mit seinem eigenen Untergang wett machen will? Wer lebt so in stetem Glücke, dass ihm nicht auch einmal ein weniger günstiges Geschick einen Schlag versetzte? Ohne Anstoss hast Du bis jetzt Deine Zeit verlebt, mit stetem Glücke hast Du Dich gespeist, und jetzt willst Du bei einer dünnen Wolke von Missgeschick gleich das Leben weg werfen, nur um Dir den Schmerz zu ersparen? Wie willst Du schlimmere Launen des Glücks ertragen, wenn Du geringeren gegenüber Dich ungeduldig erweisest? [144] 144Abgeschmackt zeigt sich, wer nie den Becher des Harms geschmeckt hat. Keiner, der nicht Hartes erfahren, geniesst das Sanfte mit Verstand. Du, der Du die Säule der Tapferkeit hättest sein sollen, Du willst das Beispiel eines haltlosen Sinnes geben? Du, der Sohn eines tapfern Vaters, willst das Schauspiel der elendesten Schwäche bieten? Willst Du so wenig Deinen Ahnen nacharten, dass Du weichlich wirst wie eine Frau? Noch bist Du nicht recht ein Mann, und schon hat Dich Lebensüberdruss ergriffen? Welcher Vorfahr hat Dir das im Vorbilde gezeigt? Der Enkel eines berühmten Grossvaters, der Sohn eines unbesiegten Vaters soll nicht die Kraft besitzen, einen leichten Gegenwind auszuhalten? Deine Gaben vergegenwärtigen die Tüchtigkeit des Grossvaters. Von niemandem bist Du besiegt worden, nur Dein eigener Unbedacht hat Dir geschadet. Einer Gefahr bist Du durch uns entrissen worden, nicht überwunden. Willst Du einen Freundschaftsdienst als Unbill betrachten und statt

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_202.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)