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IV. Wermund. 149


 anfiel, wünschte dieser ihn im Kampfe zu schonen und schlug nur mit leichten Hieben seinen Schild; sein Leben deckte er wohl beherzt, ging aber nicht seinerseits zum Angriff über. Nach einiger Zeit ergebnislosen Kampfes mahnte er ihn, er solle seinen Bruder zu dem begonnenen Werke zuziehen und sich nicht schämen, die Hilfe einer fremden Hand zu heischen; er sähe ja, dass der Versuch mit seinen Kräften allein wirkungslos bleibe. Als Keto das nochmals von der Hand wies, da sagte er, nun wolle er ihn auch nicht mehr schonen und liess es nicht bei der Drohung bewenden, sondern setzte ihm nun mit aller Kraft zu. Da traf ihn ein so gewaltiger Hieb des Gegners, dass das Schwert ihm den Helm durchschlug und auch noch in den Schädel eindringen konnte. Gereizt durch diese Wunde – denn viel Blut ergoss sich vom Scheitel – liess er wuchtige Hiebe auf Keto hageln und zwang ihn, in die Kniee zu sinken. Das vermochte Wigo nicht mit anzusehen, die Liebe zum Bruder liess in ihm die Rücksicht auf den Brauch schweigen, er liess das Schamgefühl hinter der Bruderpflicht zurücktreten, wollte lieber den Bruder in seinem Unterliegen unterstützen, als ruhig dabei zusehen und griff auch den Athisl an. Damit erwarb er freilich nicht Ruhm, sondern Rüge, weil er durch die Unterstützung des Bruders die anerkannten Gesetze des Zweikampfes gebrochen hatte, und seine Hilfeleistung zwar nützlich, aber nicht redlich war: so entschied er sich zwar in der einen Hinsicht für die Bruderliebe, in der andern aber für die Unehre. So gelang ihnen denn die Überwindung des Athisl leicht, aber sie brachte ihnen keine Ehre ein. Bekannt sollte sie auf jeden Fall werden, deshalb trennten sie von der Leiche den Kopf ab, legten sie auf ein Pferd, schafften sie aus dem Walde, überwiesen sie den Einwohnern eines nahen Dorfes und kündeten ihnen, die Söhne des Frowin hätten an Athisl, dem Könige der Schweden, die Blutrache ausgeübt für ihren Vater. Da sie diesen Sieg aufweisen konnten, wurden sie von Wermund hochgeehrt; er urteilte, dass sie ein sehr nützliches Werk vollbracht hätten und sah mehr auf den Ruhm, dass der Nebenbuhler beseitigt war,

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_159.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)