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IV. Amleth. 131

 der Blutschuld. Mir verdankt Ihr, dass Euch die Freiheit wiedergeschenkt ist, dass die Macht des Peinigers gebrochen, das Joch des Unterdrückers abgenommen, die Herrschaft des Mörders abgeschüttelt, das Scepter des Tyrannen unter die Füsse getreten ist. [100] 100Ich habe Euch aus der Knechtschaft gezogen, ich habe Euch in die Freiheit geführt, ich habe Euch Eure Würde, Euren Ruhm wiedergegeben, ich habe den Tyrannen gestürzt, den Blutmenschen überwunden. Die Belohnung steht bei Euch, Ihr kennt das Verdienst, von Eurem gerechten Sinne wird der Lohn gefordert.“

Gerührt hatte durch diese Rede der Jüngling aller Herzen; die einen hatte er zu Mitleid, die andern sogar zu Thränen geführt. Jedoch als der Schmerz zur Ruhe gekommen war, da wurde er mit freudigem, allseitigem Zurufe als Fürst ausgerufen. Denn grosse Erwartungen knüpften alle an den klugen Sinn des Mannes, der mit tiefer List den Plan zu einer solchen That allein gewoben und mit wunderbarem Thun zu Ende geführt hatte; viele konnte man darob staunen sehen, dass er so lange Zeit hindurch einen so fein angelegten Plan hatte verbergen können.

Nach diesen Vorgängen in Dänemark rüstete er drei Schiffe mit grosser Pracht aus und ging wieder nach England, um Schwiegervater und Gattin wiederzusehen. Zu seinem Gefolge hatte er waffentüchtige Männer genommen, die ganz ausgesucht prächtig gekleidet waren; denn wie er früher immer in verächtlichem Aufzuge erschienen war, so wollte er jetzt überall in prunkvoller Ausrüstung sich zeigen und wie er früher immer auf eine ärmliche Erscheinung Nachdruck gelegt hatte, so stand ihm jetzt der Sinn auf kostbaren Prunk. Auf dem Schilde, den er sich anfertigen liess, befahl er den ganzen Verlauf seiner Thaten von den ersten Anfängen seiner Jugend anfangend in gewählten Bildern darzustellen. Diesen Schild führte er als Zeugen seiner Grossthaten und wurde durch ihn immer berühmter. Dort konnte man gemalt sehen die Ermordung des Horwendillus, die Blutthat Fengos zusammen mit der Blutschande, den bösen Oheim, den närrischen Bruderssohn, die Klammern

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_141.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)