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III. Hother. 97

 begann über das Geschick seines Kriegsunglücks und über die bösen Zufälle zu klagen: es sei ihm ganz anders gegangen, wie sie ihm verheissen hätten. Aber die Nymphen wiesen ihn darauf hin, dass er zwar selten Sieger gewesen, aber doch über die Feinde ein gleiches Gemetzel gebracht und nicht geringeren Verlust anderen zugefügt, als er selbst erlitten habe. Die Gunst der Siegesgöttin werde ihm aber nicht fehlen, wenn er eine Speise von ganz ungemeiner Zauberkraft, die zur Hebung der Kräfte des Balder ausgedacht sei, vorwegnehmen könne; nichts werde für ihn schwierig sein, wenn er sich in den Besitz der Speise setze, die für seinen Gegner zur Vermehrung der Stärke bestimmt sei.

Aus diesen Worten schöpfte Hother festen Mut zu einem nochmaligen, schleunigen Kampfe gegen Balder, mochte es auch als schwierig für menschliches Ringen erscheinen, Götter mit den Waffen anzugreifen; auch von seinen Leuten meinten manche, dass er einen Kampf mit den Göttern nur zu seinem Verderben beginnen werde. Ihn aber liess die grosse Erregung seines Gemüts die Rücksicht auf die Majestät der Götter vergessen, denn bei Helden kann nicht immer die Besinnung der Aufwallung Einhalt thun, nicht immer weicht der rasche Entschluss der Überlegung; vielleicht dachte auch Hother daran, dass auch für ausgezeichnete Männer die Macht ein sehr unsicherer Besitz ist, und dass eine kleine Erdscholle auch einen grossen Wagen umstürzen kann.

Balder dagegen rief die Dänen zu den Waffen und trat dem Hother zur Schlacht entgegen. Unter grossem Gemetzel auf beiden Seiten wurde gekämpft, und nachdem beide fast gleichen Verlust erlitten, unterbrach die Nacht den Kampf. Ungefähr in der dritten Nachtwache verliess Hother allen unbemerkt das Lager, um die Stellung des Feindes auszukundschaften; denn die Sorge, die aus der drohenden Gefahr entsprang, hatte ihm den Schlaf gescheucht. Eine grosse Erregung des Gemütes ist ja meist störend für die Ruhe des Körpers, und die Unruhe des einen erlaubt nicht Rast [77] 77bei dem andern. Als er so in den Bereich des feindlichen Lagers kam, bemerkte er, dass drei Nymphen, die Balders geheimnisvolle

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_107.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)