Seite:Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus 084.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
74 Zweites Buch.


diese Heldenthaten gewann er sich die Freundschaft erlauchter Männer vornehmen Standes, wurde auch dem Könige lieb und wert; er erhielt dessen Schwester Ruta zur Frau, erlangte also die Braut des von ihm Besiegten als Siegespreis. An Atisl suchte er mit den Waffen Rache für den Anschlag [57] 57auf Rolf und streckte ihn im Kampfe überwunden nieder. Jetzt bestellte Rolf zum Statthalter in Schweden einen verständigen Mann, Hiarthwarus mit Namen, zwar unter Auferlegung eines jährlichen Tributs, gab ihm aber seine Schwester Sculda in die Ehe, um ihm durch die Verwandtschaft die Minderung der Freiheit weniger drückend zu machen.

An dieser Stelle mag meinem Werke eine hübsche Anekdote einverleibt werden: Ein junger Mann namens Wiggo betrachtete aufmerksam die Körpergrösse des Rolf, und von grosser Bewunderung ergriffen fragte er im Scherze, wer denn jener Krage sei, dem die Natur so verschwenderisch eine so gewaltige Körperlänge geschenkt habe, indem er eine feine Anspielung auf seinen riesenhaften Wuchs machte. In dänischer Sprache bedeutet nämlich das Wort Krage einen Baum, an dessen halbabgeschlagenen Ästen man in die Höhe steigt, so dass der Fuss mit Hilfe der gestutzten Zweige wie auf einer Leiter allmählich aufwärts kommt und einen kurzen Weg zu einer ins Auge gefassten Höhe findet. Dieses rasch hingeworfene Wort griff Rolf wie einen ruhmvollen Beinamen für sich auf und bedachte den feinen Scherz mit dem Geschenke einer grossen Armspange. Mit dieser schmückte Wiggo seinen rechten Arm und hielt ihn hoch empor, den linken aber hielt er auf den Rücken, gleich als ob der sich schäme und schritt so in lächerlichem Aufzuge einher; dabei sagte er, der freue sich auch über ein kleines Geschenk, der das Schicksal gehabt hätte, lange dürftig zu sein. Auf die Frage, was dieser Aufzug solle, antwortete er, der Arm, der des Schmuckes entbehre und sich keiner zierenden Wohlthat rühmen könne, werde beim Anblick des andern rot vor Scham über seine Armut. Diese schlaue Antwort brachte ihm ein zweites, gleiches Geschenk ein; denn Rolf sorgte dafür, dass der Arm, der von ihm versteckt gehalten wurde, sich wie

Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_084.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)