Seite:Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus 082.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
72 Zweites Buch.


der Schatz wird den Feinden zur Beute gelassen. Manche erzählen, dass Ursa die echten Schätze zurückbehalten und fliehend nur vergoldetes Erz auf ihren Weg gestreut habe, und denkbar wäre es, dass die Frau, die so grosse Thaten unternommen hat, auch das Metall, das sie zum Wegwerfen bestimmte, mit nichtigem Glanze überzogen und es mit seinem lügnerischen Goldglanze den wertvollen wahren Schatz habe darstellen lassen. Als nun Atisl mit anderem Goldschmucke auch die dem Rolf geschenkte Kette liegen sah, da betrachtete er aufmerksam das kostbarste Pfand seines Geizes und gewann es über sich, um die Beute aufzunehmen, niederzuknieen und seine königliche Majestät um seiner Gier willen zu Boden zu beugen. Als Rolf ihn so tief gebückt sah, um das Gold aufzuheben, da lachte er über den Mann, der vor seinen Schätzen auf den Boden kniete, weil er gierig wieder hole, was er unaufrichtig geschenkt habe. Während die Schweden durch die Beute aufgehalten wurden, zog er sich schnell auf die Schiffe zurück und gewann durch angestrengtes Rudern die Flucht.

Man erzählt von Rolf, dass er auf die erste Bitte mit allzeit bereiter Freigebigkeit zu gewähren pflegte, um was man ihn auch bat und niemals den Bittenden durch Säumnis zu einem zweiten Worte genötigt habe; er wollte lieber durch schnelle Gewährung einer Wiederholung der Bitte zuvorkommen, als der Wohlthat durch Zögern einen Makel anheften. Diese Eigenschaft liess eine Menge Kämpen ihm zuströmen, denn die Tapferkeit wird ja entweder durch Belohnungen genährt oder durch Lobsprüche angefeuert.

Zu derselben Zeit richtete Agnerus, der Sohn des Ingellus, [56] 56der Rolfs Schwester Ruta zur Frau nehmen wollte, die Hochzeit mit einem grossen Mahle aus. Als dabei die Kämpen in voller Ausgelassenheit von allen Seiten Wirbelknochen nach einem gewissen Hialto warfen, traf es sich, dass der neben diesem sitzende Biarko einen starken Wurf an den Kopf erhielt, weil der Werfende das Ziel verfehlte. Gleich ärgerlich wegen des Schmerzes wie wegen des Schimpfes schleuderte er den Knochen auf den, der ihn geworfen, zurück, drehte ihm die Stirn nach dem Hinterkopfe herum und den Hinterkopf

Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_082.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)