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an Deck schwang, waren es seine Wattenpolster für die Beine, die am Angelhaken hingen!




Nach dem Nordpol.

Das Nordkap war von ferne bewundert, andeklamiert, angesungen, angedichtet, angetanzt und angetrunken worden – eine Landung war wegen der hohen See nicht möglich gewesen – es ging nun auf die Bäreninsel zu, die man umfuhr; dann sollte die Rückreise angetreten werden.

„Mein bester Kapitän, nun noch nach Spitzbergen,“ flehte die Primadonna, „nur die ewig eisgekrönten Gipfel von Spitzbergen möchte ich einmal sehen, dann will ich sterben.“

„Ne, Bauline, ja nich, awer was fällt Dich nur inn!“ stotterte ihr Bräutigam ängstlich.

Trotzdem wurde der Kurs nach Spitzbergen genommen. Das wüste Eisgebirge, das auch im heißesten Juli nicht auftauen wollte, kam in Sicht.

„Mein liebster, bester Kapitän,“ flechte da die Primadonna wieder, „nun bloß noch um Spitzbergen herum, und ich habe keine Sehnsucht mehr auf Erden.“

„Da verlangen Sie wirklich zu viel von mir, meine Gnädige. Wir sind hier an der Westküste, die im Sommer, so wie jetzt, meistenteils eisfrei ist; die Nord- und Ostküste dagegen starrt auch noch um diese Jahreszeit meist in Eis. Ich kann das Risiko nicht auf mich nehmen.“

Die Primadonna verwandelte sich jetzt. Sie drapierte ihren Pelz um die Schultern, legte die Hand auf die Bordwand und hob sich auf den Zehenspitzen:

„Kapitän, um Spitzbergen – oder es ist mein Tod!“ rief sie pathetisch mit flammenden Augen.

„Ne, ach ne, Bauline, mach doch nur keinen solchen Unsinn nich,“ erinnerte der Bräutigam.

Die Umschiffung war in dieser Jahreszeit wohl möglich;

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Robert Kraft: Eine Nordpolfahrt. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eine_Nordpolfahrt.pdf/6&oldid=- (Version vom 31.7.2018)