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Verdrießlich schlichen die Polarreisenden einher, der Achsenkopf des Nordpols war schon längst weggeworfen worden, der Scherz schon längst verstummt.

Nur der Heldentenor sprach; er schimpfte wie ein Rohrspatz beständig über den Bremer Lloyd, und ob das etwa ein Vergnügen wäre, für das man bezahlt hätte; sonst jammerten nur noch die Damen, sie klagten über die Füße, außerdem aber sagte niemand mehr einen Mucks, und der Komiker schleifte erst recht mit tief gesenktem Kopfe seinen Spazierknüppel hinter sich her.

Konnte man es ihnen verdenken? Sie hatten genug Strapazen überstanden, und übrigens war es auch nicht anders, als wenn eine Gesellschaft verwöhnter Stadtmenschen auf der Chaussee acht Stunden zu Fuß marschieren muß. Da läßt zuletzt ein jeder den Kopf hängen.

Aber schließlich waren es doch noch die alten; bald tauten sie wieder auf.

„Himmeldonnerwetter, kommt denn nicht bald ein Wirtshaus?“ schrie nämlich plötzlich der sentimentale Liebhaber, und der Komiker seufzte in solch kläglicher Wehmut, daß Richard laut auflachen mußte:

„Ich möchte, ich läge zu Hause in den Federn!“

Der Kapitän tröstete ihn nun damit, daß sie jede Stunde das offene Meer erreichen müßten, wo hoffentlich ihr Dampfer kreuzen würde.

„Hoffentlich?“ entgegnete der Mime. „Und wenn er nicht kreuzt? Ich habe die ganze Geschichte satt, ich gehe nach Hause, ich nordpolexpeditioniere nicht mehr.“

Sie erkletterten nun wieder einen Eisgletscher.

Da fiel plötzlich einer der Herren auf die Knie nieder und hob die Arme empor, und während die meisten seinem Beispiele folgten, warf sich der Komiker mit einem Krach auf den Rücken, strampelte mit den Beinen in der Luft und rief:

„Heiliger Bimbam, sei gepriesen! Das Meer – das offene Meer – und dort schwimmt der Kahn mit unseren Betten!“

Empfohlene Zitierweise:
Robert Kraft: Eine Nordpolfahrt. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eine_Nordpolfahrt.pdf/32&oldid=- (Version vom 31.7.2018)