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einen neugierigen Seitenblick auf Martha, und war ein wenig überrascht dieselbe fast teilnahmlos und ohne sichtbare Zeichen einer Anwandlung von Eifersucht zu finden; sie fragte, den Nachsatz leicht betonend: „Kann man die Person sehen und — ist sie hübsch?“

„Ich werde Ihnen, wenn Sie erlauben, meinen Schützling schicken; für einen Menschen, dem man das Leben gerettet hat, interessiert man sich immer ein wenig, und die Kleine ist hier nicht in Verhältnissen, die ihr zuträglich wären — ich möchte, daß sie von hier fortkäme. Ob sie hübsch ist — mein Gott, ich glaube — es ist wenigstens möglich — aber ich kann nichts bestimmtes darüber sagen.“

Frau v. Larisch brach in ein herzliches Gelächter aus und schlug Wolfgang mit dem Fächer leicht auf die Hand; es war ihr nicht möglich, die Aufrichtigkeit dieser Versicherung in Zweifel zu ziehen, und dennoch war es gewiß äußerst komisch, daß dieser junge Mann über das Aeußere des jungen Mädchens, das er auf seinen Armen durch Rauch und Flammen getragen, nur so unvollständige Auskunft zu geben vermochte.

„Sie sind in der That ein Original, Herr Hammer — aber da die Dinge eine solche Bewandtnis haben, ist es selbstverständlich, daß ich mich der Kleinen annehme. Schicken Sie dieselbe zu mir — ich werde sie, wenn ich nach W. zurückreise, gleich mitnehmen und das weitere lassen Sie meine Sorge sein. Das ist gewiß das mindeste, was ich thun kann, um Ihnen zu beweisen, welchen aufrichtigen Anteil wir alle an Ihrem beherzten Rettungswerk genommen haben, namentlich aber Martha, die sich in vollem Ernst für die — allerdings sehr unschuldige — Ursache Ihrer Verwundung hielt. Und doch — ich wette — hat Sie Ihnen während Ihrer langen Promenade kein Sterbenswörtchen über Ihre kühne That gesagt. Das gilt freilich auch von uns, von Emmy und mir, aber Sie dürfen überzeugt sein, daß sich im ganzen Städtchen niemand lebhafter über Ihre Genesung gefreut hat, als wir drei, und daß wir nur bedauerten, so gar nichts für Sie thun und uns nicht einmal persönlich nach Ihnen erkundigen zu können.“

Martha hatte sich schon von der geflissentlichen Hervorhebung ihrer Teilnahme peinlich berührt gefühlt, und sie errötete über diese unnötige Lüge ihrer Gefährtin bei jenem bangen und doch so wohlthuenden Abendgang, und es war ihr sehr lieb, daß Wolfgang dieses für sie fast peinliche Gespräch rasch beendete.

„Sie glauben nicht, wie viel mir daran liegt, nicht wieder an jene sogenannte heroische That erinnert zu werden. Ich habe es Fräulein Hoyer aufrichtig Dank gewußt, daß sie es mir erließ, von jener für mich wirklich sehr ungemütlichen Nacht zu sprechen, die ich zu den vergangenen Dingen rechne, und wenn Sie noch ein paar Minuten für mich haben, so lassen Sie uns lieber von anderem plaudern.“

„Es steht Ihnen, ein wenig den stolzen Sonderling zu spielen, das wissen Sie jedenfalls ganz genau, aber wir müssen, wie Sie sehen, zu plaudern aufhören; hören Sie nicht die ersten Takte der „Aufforderung

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Rudolf Lavant: Ein verlorener Posten. Goldhausen, Leipzig 1878 und 1902, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_verlorener_Posten_79.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)