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„Alles ganz gut und schön, mein Herr Hammer, aber glauben Sie mir, mit solchen Ansichten kommen Sie nicht durch die Welt, und daß Sie mit dem Menschen, dem Krone, sympathisieren, der also wirklich noch ganz in den Traditionen des tollen Jahres lebt und webt, will mir ganz und gar nicht gefallen. — Hoffentlich ist unsere nächste Begegnung eine angenehmere.“

„Das hoffe ich auch, sehr zuversichtlich sogar; es wäre doch wunderbar, wenn ich nochmals in die Notlage versetzt werden sollte, Ihnen einen Korb zu geben.“

Wolfgang salutierte, der Bürgermeister zog seinen Hut und Wolfgang ließ seine Mannschaften abtreten. Da trat Krone nochmals an ihn heran und es war eine köstliche, schüchterne Verlegenheit und eine schlichte Treuherzigkeit in seinem Wesen, als er sagte: „Nächsten Sonnabend hält der Herr Rektor Storck seinen Vortrag über den Darwinismus — Wenn Sie also kommen wollen —“.

„Natürlich komme ich, und wenn er's zu arg treibt und uns beschwindeln will, so beweisen wir ihm, daß er nicht in einer Kinderschule ist; haben wir es heute halb und halb mit dem Bürgermeister verdorben, so darf's uns auf den Rektor auch nicht ankommen.“

„Ich weiß nicht recht, ob er nicht gefährlicher ist; wenn Sie ihm eine Niederlage bereiten, so bekommen Sie ihn zum Feind, und ich glaube, er ist rachsüchtig und unversöhnlich.“

„Wollen Sie mir bange machen, Krone? Es soll Ihnen nicht glücken. Nun erst recht!“

Wolfgang war am Nachmittag eben im Begriff, in Prouds Begleitung einen seiner Streifzüge in die Berge anzutreten, als ihm ein Besuch gemeldet ward, dessen Ausbleiben ihm schon einigemal fast befremdlich erschienen war. Er hatte, solange er das Bett hüten mußte, regelmäßig mittags erfahren, daß der von ihm gerettete Schützling seiner beiden Freunde sich früh nach seinem Befinden erkundigt und daß jene Schreckensnacht bei ihr keinerlei Folgen hinterlassen habe, aber sie hatte es, so oft auch Frau Meiling sie aufforderte, mit hinauf zu kommen, unter irgend einem Vorwand abgelehnt und ihren Besuch auf später verschoben, bis nach ihres Retters völliger Wiederherstellung. Nun kam sie also, und Wolfgang ward hinunter in das Zimmer seiner Wirtin gerufen, wo sie mit ihrer alten Tante seiner wartete. Die überschwänglichen Danksagungen der Alten in jovialem und fast vertraulichem Tone ablehnend und abkürzend und ihr das Wort aus dem Munde nehmend, als könne er nicht rasch genug mit ihr fertig werden, streckte Wolfgang dem sichtlich befangenen und verlegenen jungen Mädchen, das ihm mit gesenktem Köpfchen und brennenden Wangen entgegenkam und nur einmal einen scheuen, fast forschenden Blick zu ihm aufschlug, die Hand entgegen und sagte lächelnd:

„Und nun vor allem — keine Danksagungen; sollten Sie mir selber einen kleinen Dank schuldig sein, so schulde ich Ihnen einen großen, dafür, daß Sie mir Gelegenheit gegeben haben, in meinem frei gewählten

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Rudolf Lavant: Ein verlorener Posten. Goldhausen, Leipzig 1878 und 1902, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_verlorener_Posten_68.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)