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Der Kommerzienrat faßte das eine Ende seines blonden Schnurrbarts, wirbelte es vertraulich-scherzend um den Finger und sagte heiter:

„Nun, besinnen Sie sich? Habe ich den wunden Punkt getroffen? Ja, ja, es ist nichts so fein gesponnen u. s. w. Das wird auch bei Ihnen wahr, und Sie sind doch nicht vorsichtig genug gewesen. Nun, handelte es sich nicht gerade um Martha Hoyer, so hätte mir die Geschichte ja entgehen können, so aber — das mußte doch herauskommen, früher oder später.“

Wolfgang war sichtlich bestürzt, aber der Kommerzienrat deutete diese Bestürzung falsch und fuhr begütigend und beruhigend fort: „Nun, .Sie können schon zugeben, daß ich recht habe, der Kopf geht deswegen nicht herunter, und was will ich denn weiter thun, als Ja und Amen sagen, da die Affaire schon so weit gediehen ist, daß sich die arme Martha die Augen aus dem Kopfe weinen würde, wenn sie ihren schmucken Wolfgang Hammer nicht bekäme. Man hat doch auch kein Kieselherz und am Ende habe ich Martha nicht einmal etwas zu sagen.“

Eine fahle Blässe hatte sich auf Wolfgangs Zügen gelagert und düster und gepreßt fragte er:

„Darf ich mir zunächst die Frage erlauben, ob Fräulein Hoyer selbst es gewesen ist, die Ihnen Andeutungen gemacht hat, aus denen Sie diese Schlüsse ziehen?“

„Andeutungen! Schlüsse!“ erwiderte der Kommerzienrat mit etwas gezwungenem Lächeln; ganz wohl war ihm doch nicht, und er hatte geglaubt, die Sache werde leichter ins Reine kommen. „Eine ganze Geschichte, Herr Hammer, hat man mir schließlich gebeichtet, eine sehr pikante Geschichte - und wer sonst, als Fräulein Hoyer selber?“

„Und Sie sind also, was mir, verzeihen Sie, zunächst doch das Wichtigste ist, ermächtigt, mir zu sagen, daß meine Werbung um sie bei ihr eine günstige Aufnahme fände?“

„Können Sie denn immer noch nicht daran glauben, daß Sie so erstaunliches Glück haben? Soll ich es Ihnen etwa Schwarz auf Weiß geben? Daran, daß sich ein nicht mehr ganz junges Mädchen in einen charmanten jungen Mann mit einem so prächtigen Schnurrbart verliebt, ist doch am Ende nichts wunderbares, und Sie haben, denke ich, ehrlich das Ihrige gethan, um sie verliebt zu machen. Warum halten Sie es für nötig, mir gegenüber zu thun, als seien Sie wie aus den Wolken gefallen?“

„Glauben Sie mir, Herr Kommerzienrat, ich war, was auch zwischen Fräulein Hoyer und mir vorgefallen sein mag — und das ist herzlich wenig — auf diese Wendung nicht gefaßt!“ lautete die Antwort, deren letzte Worte einen fast stählernen Klang angenommen hatten, der den Kommerzienrat aufs äußerste befremdete.

Aber, ich bitte Sie, Herr Hammer, wozu nun alle die Umstände? Sie werden mir doch nicht einreden, daß Sie mit keiner Silbe an eine Verheiratung gedacht hätten. Es ist doch eine gute Partie, eine verdammt gute Partie, die Sie da machen, und ich bin der letzte, der es

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Rudolf Lavant: Ein verlorener Posten. Goldhausen, Leipzig 1878 und 1902, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_verlorener_Posten_176.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)