Seite:Ein verlorener Posten 136.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Pläne. Und dieser Herr Hammer ist mir ein neuer Beleg dafür, denn sein Vorgehen im Bildungsverein läßt mich vermuten, daß diese ganze aufdringliche Thätigkeit nur Mittel zum Zweck, nur ein anscheinend sehr harmloses Mittel für einen schlimmen Zweck ist.“

Martha hob den Kopf, und ihre an sich so sanfte Stimme klang beinahe ein wenig scharf, als sie sagte:

„Darf ich Sie um eine Erklärung des Wortes aufdringlich ersuchen? Ich möchte dasselbe fast für eine kleine Uebereilung halten.“

„Ich bedaure, diese Bezeichnung durchaus nicht zurücknehmen oder auch nur mildern zu können. Ich hatte im Bildungsverein eine äußerst eifrige und unermüdliche, beinahe aufreibende, aber auch wahrhaft fruchtbringende Thätigkeit entfaltet; da drängte sich Herr Hammer als Gast ein, übte an einem Vortrage, den ich gehalten, eine anmaßende und von totalem Mangel an wissenschaftlicher Durchbildung zeugende Kritik und insultierte mich unter dem Beifall einiger roher Gesellen in so hochfahrender Weise, daß mir nichts übrig blieb, als ihm eine exemplarische Züchtigung angedeihen zu lassen und dann dem Verein für immer den Rücken zu kehren oder wenigstens für solange, als dieser Herr dort seine destruktiven Tendenzen verfolgt.“

„Ich muß Ihnen gestehen, Herr Rektor, daß ich Ihrer Schilderung des Hergangs doch keinen vollen Glauben zu schenken vermag; ich bin zufällig in der Lage, Ihre Angaben durch die eines Mannes kontrollieren zu können, dessen Glaubwürdigkeit der Ihrigen die Waage hält, und ich gestehe Ihnen weiter, daß mir die innere Wahrscheinlichkeit eher für den Bericht meines Gewährsmannes, als für den Ihrigen zu sprechen scheint. Ich bedaure, diese Zwischenbemerkung machen zu müssen, aber es widerstreitet meinem Gefühl, einen Abwesenden nicht in Schutz zu nehmen, wenn Dinge über ihn erzählt werden, die ich für ungenau halte. Ich möchte beinahe vermuten, daß auch die übrigen von Ihnen angeführten Thatsachen mit einer gewissen Vorsicht aufzunehmen sind und daß persönliche Gegnerschaft Ihren Mitteilungen eine Färbung verliehen hat, die man wohl grell nennen darf.“

Martha hatte das gesagt, ohne die Stimme zu erheben, anscheinend ohne jede leidenschaftliche Aufwallung, und dennoch vibrierten ihre feinen Nasenflügel und sie hatte die Lippe geringschätzig, wo nicht verächtlich aufgeworfen. Welche Rücksicht hatte sie noch auf einen Mann zu nehmen, dessen Worte sie empörten, der Wolfgangs Feind, und zwar ein lügnerischer, verleumderischer, feiger Feind war?

Frau v. Larisch, die der Kontroverse mit gespanntem Interesse folgte, hielt es für angezeigt, zu intervenieren, damit das Gespräch, auf mildere Formen zurückgeführt, weitergesponnen werden konnte. Sie sagte:

„Es frappiert mich einigermaßen, daß Martha so entschieden widerspricht, und ich bin geneigt, anzunehmen, daß sie im Rechte ist. Ich will Ihnen gewiß nicht zu nahe treten, Herr Rektor, ich fürchte aber beinahe auch, daß eine — natürlich vollauf berechtigte politische Gegnerschaft

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Lavant: Ein verlorener Posten. Goldhausen, Leipzig 1878 und 1902, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_verlorener_Posten_136.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)