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oder Gewicht darauf zu legen. Im Gegensatz dazu huldigt der Birmane unbesorgt dem Grundsatze Leben und Lebenlassen und zwar nach vollen Kräften, läßt aber auch seine Landsleute von seinem Reichtum mit genießen, indem er auf seine Kosten heute eine für jedermann zugängliche, tagelang dauernde Theatervorstellung veranstaltet, morgen eine den Verkehr hebende Brücke bauen oder übermorgen - zum Besten des Seelenheils seiner Nachbarn - eine neue Dagoba errichten läßt.

Eingang in die Schwe Dagon-Pagode in Rangun.

Doch damit genug von dieser Abschweifung nach Birma, dem Lande der kindlichsten Kinder, der lebenslustigsten, faulsten Männer und der geduldigsten, fleißigsten Frauen! Aber halt! Es wäre doch gar zu ungalant, von dieser anmutigen Frauenwelt gar so hastig und ohne Abschiedsgruß wegzuschlüpfen.

Junge birmanische Frauen.

Als ich am ersten Tage meines Aufenthaltes in Birma in das Kontor des großen deutschen Reisausfuhrgeschäftes Zaretzky, Bock & Comp.[WS 1] eintrat, prallte ich verlegen zurück, weil ich am Diplomatenschreibtisch, dem Kaufherrn gegenüber, eine junge, in zartfarbige Tücher gehüllte Birmanin erblickte. In der Befürchtung, unbeabsichtigt Mitwisser eines zarten Geheimnisses geworden zu sein, wollte ich mich schleunigst zurückziehen, als mir der Geschäftsinhaber munter lachend zurief: „Bleiben Sie getrost, das ist nur ein Geschäftsfreund von mir!“ Binnen wenigen Minuten brachte darauf das Frauchen mit größter Sachlichkeit und ohne jede Aufregung ein Geschäft ins reine, bei dem es sich um den Ertrag der Reisäcker ihres Gatten, also um viele tausend Mark handelte. Daß das Reisgeschäft wegen des ungleichen und gar nicht vorherzusehenden, aber im voraus gekauften Ernteertrages für den Käufer ein recht aufregendes Hazardspiel bedeutet, war für mich eine Neuigkeit, eine weit erfreulichere aber

dieses erste Bekanntwerden mit der liebenswürdigen birmanischen Weiblichkeit, die schuld

Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: Zaretzky, Bock & Comp.: letzte auffindbare Presseerwähung dieser Gesellschaft stammt von 1929
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Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/83&oldid=- (Version vom 1.7.2018)