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sauber und kunstvoll ausgeführte Tempelbauten auch äußerlich zum Ausdruck zu bringen. Zwischen den Rosenbüschen, Palmen und Gartenanlagen macht das mit Stuckaturausputz überladene, leuchtend helle Tempelgebäude einen zumal beim ersten Anblick höchst überraschenden Eindruck, und fast habe ich das Gefühl, daß dieser der Vorstellung am nächsten kommt, die sich viele von Indien und indischen Erscheinungen machen. Wenn bei Festlichkeiten die große offene Halle und der Garten mit schön gekleideten Hindus belebt, alle Gebäude illuminiert und durch Schnüre mit farbigen Flaggen verbunden find und wenn auf dem Teich bengalische Feuer hin und her fahren, dann hat man in der Tat eins jener Bilder vor Augen, die in den Zeiten des einstigen, reichen Indiens alle Fremden in staunendes Entzücken versetzten.

Dschain-Tempel in Kalkutta.

Doch Kalkutta ist weniger ein Platz, um die Indier, als vielmehr den Brennpunkt englischer Machtentfaltung in Indien kennen zu lernen, denn seit dem Jahre 1770[WS 1] ist unablässig daran gearbeitet worden, dieser Macht auch äußerlich einen Ausdruck zu geben, der die Eingeborenen mit furchtsamem Respekt zu erfüllen vermag. Nirgends habe ich diese materielle Größe Englands in Indien mehr empfunden, als bei einer Besteigung des Turmes im Telegraphenamt, von wo aus man einen ausgezeichneten Blick aus der Vogelschau nicht nur auf die Old Courthouse Street, sondern zugleich auf das Wasserbecken des

Dalhousie-Square[WS 2] hat, um das einige der wichtigsten und größten Gebäude

Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: 1770: auf welches konkrete Ereignis Boeck hier anspielt, ist unsicher, England etablierte seine Vorherrschaft in den Jahren 1757-1803: Im Siebenjährigen Krieg (bis 1763) wurde Frankreichs Kolonialeinfluss verdrängt. Hungersnot in Bengalen 1770. 1773 wurde die Hauptstadt der Ostindien-Kompanie nach Kalkutta verlegt. Ebenfalls ab 1773 wurde die Herrschaft der Kompanie (en) immer weiter durch England reglementiert und schließlich 1858 in eine Kolonie umgewandelt.
  2. WS: Dalhousie-Square: vergleiche B. B. D. Bagh (en)
Empfohlene Zitierweise:
Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/254&oldid=- (Version vom 1.7.2018)