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wir Jubelhymnen auf die Befreier, die „Sieger für die gute Sache“. „Die gute Sache hat triumphirt! Die Selbständigkeit der Völker ist gerettet! Der Rheinbund, diese schmachvolle Fessel, ist vernichtet! Die geretteten Völker preisen Gott und feiern die Heldennamen der großen Monarchen, ihrer Befreier. – Wir haben das Glück, I. M. I. M. den Kaiser Alexander, den König von Preußen und Se. königl. Hoheit den Kronprinzen von Schweden in unsern Mauern zu sehen.“

Wenn wir nun noch auf einen Bericht derAugsburger Zeitung“ vom 5. September verweisen, in dem es heißt, daß linker Flügel, Zentrum und rechter Flügel geworfen und zersprengt seien und daß diese zweite Dreikaiserschlacht noch glänzender entschieden worden sei als jene erste, – so glauben wir, zur Charakterisirung der französisch-offiziösen Blätter und ihrer Meldungen genug Material beigebracht zu haben.

Fassen wir jetzt zusammen.

In den offiziösen Berichten aus dem Lager der Verbündeten betrachtete man Dresden als ein Manöver, dessen Endzweck – wenn auch nach einigen Unfällen – erreicht worden war; die Zeugnisse derjenigen Mitkämpfer, die das Ziel des Unternehmens nicht kannten, sehen im Ganzen nur diese Unfälle, sind aber meist weit davon entfernt, von einer Niederlage zu reden. Daß am 27. August keine Entscheidung gefallen ist, wissen die Heerführer und Monarchen auf beiden Seiten, weiß auch Napoleon. Ein Theil der französischen Schriftsteller ist in seinen Schilderungen denn auch sehr maßvoll, andere halten den Rückzug der Verbündeten für einen Sieg der französischen Waffen.

Was für den Geschichtsschreiber, der den Verlauf der Dresdener Gefechte, wenn auch nicht ihre strategische Bedeutung, kannte, feststehen mußte, war einzig das: daß nur ein geringer Theil der großen Armee vor Dresden aktiv thätig war und daß es zu einer Entscheidung nicht gekommen ist.

Die spätere historische Forschung aber verkannte gänzlich die strategische Bedeutung des Dresdener Unternehmens. Sie kannte nur den Trachenberger Plan, und dieser hatte ein ungestümes Vordringen gegen Napoleon, Angriff und Schlacht verlangt. Die alliirten Truppen sind denn (so folgerte man) auch gegen Napoleon vorgedrungen, haben ihn angegriffen, es kam zur Schlacht, ja zu einer zweitägigen Schlacht, und auf die Schlacht folgte der Rückzug –: also haben die Verbündeten eine Niederlage erlitten, also hat Napoleon seinen letzten großen Sieg auf deutschem Boden erfochten. Schon diese Logik ist falsch; wir haben gesehen, daß den bloßen Gefechten längst nicht eine entscheidende Bedeutung zukam. Mißtrauen gegen die offiziösen Berichte kam dazu. Vor allem aber – und das soll kein Vorwurf sein – kannte man das Reichenbacher Programm nicht und wußte demnach nicht, daß man gerade die Entscheidung zu vermeiden hatte, die der Trachenberger Plan gefordert.

So ist denn jene falsche Darstellung entstanden, die neunzig Jahre lang von unserer Historiographie vertreten worden ist.

Der Erste, der ein größeres Werk über die Befreiungskriege schrieb, war der Oberstleutnant von Plotho („Der Krieg in Deutschland und Frankreich 1813 und 1814.“ 3 Bände. 1817.) Er schildert eindringlich die Gefechte des 26. August und erwähnt (II, 52) die offiziellen Kriegsberichte, die ich oben angeführt habe und die den Zweck des Zuges als erreicht hinstellen. Nach Plotho sind sie aber nichts weiter als Bemäntelungen der Niederlage oder wenigstens des abgeschlagenen und vereitelten Angriffs auf die Stadt; denn nach ihm ist deren Eroberung das Ziel der Unternehmung gewesen. Er giebt dann eine lebhafte Schilderung der „Schlacht“ vom 27., und wenn er auch nicht gerade von einer Niederlage spricht, so behauptet er doch (S. 61), daß Fürst Schwarzenberg, „weil es keine andere Wahl mehr gab“, den Rückzug angeordnet habe – und damit ist denn schließlich auch nicht viel weniger gesagt!

Auf diesem Buche fußen alle späteren Darstellungen der Freiheitskriege, und was jener erste Historiker noch nicht ganz deutlich ausgesprochen hat, das trat dann bei den späteren um so unzweideutiger zu Tage: die zweitägige Schlacht, die Niederlage der Alliirten und Napoleons letzter großer Sieg in deutschen Landen. Auf Carl von Plotho fußt demnach die Legende der „Schlacht bei Dresden“.


Mittelalterliches Scheffelmaß.

Die Einnahmen der Aemter in Meißen und Thüringen bestanden während des Mittelalters in Geld- und Getreidezinsen, welche Walpurgis und Michaelis fällig waren[1]. Außerdem waren noch in verschiedenen Gegenden Abgaben in bestimmten Naturalien zu liefern, z. B. Holz, Heu, Stroh, Sicheling, Zwiebeln, Bucheckern, Grütze u. s. w. Die Getreidezinsen wurden nach Scheffeln eingefordert. Am Ausgange des 14. Jahrhunderts[2] ist als Grundmaß in den Rechenbüchern der Amtleute der Altenburgische Scheffel genannt. „7 viertel Dresdenisch moß machen 1 schoffel Aldenburgis moß. 2 Grymsche schoffel thuen Aldemburgischinn. 2 scheffel zu Friberg machen 1 Aldemburgischinn. 2 scheffel zu


  1. Mittheilungen des Vereins für Geschichte Dresdens 16. Heft S. 15.
  2. Register der Zugehorunge der Ampt Doringen und Meißen. 1378. H. St. A. Loc. 4333.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/305&oldid=- (Version vom 20.9.2024)