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nachdrangen. Zu beiden Seiten, auf der nördlichen und südlichen, sind Gewölbe angebaut, welche als feuerfestes städtisches Archiv dienen; das südliche hängt durch eine jetzt vermauerte runde Fensteröffnung mit der angebauten, spitzbogig gewölbten Sacristei zusammen. Unter dem südlichen ist ein Sousterrain, wahrscheinlich die im Bauernkriege genannte Gruft, vom Volke das Pfaffenloch genannt.

Die Sage will von einem unterirdischen Gange wissen, der einst von hier aus auf die Burg geführt habe, was wir aber bei dem notorisch stets unfreundlichen Verhältnisse zwischen dem Burgherrn und der Reichsstadt sehr in Zweifel ziehen müssen. Auch die Begräbnißstätte der Burgherrn war auswärts in Wimpfen, Schönthal, Lichtenstern, Heilbronn u. a. O. (Der Gang wäre 1525 gewiß gesucht worden.)

Der schöne, achteckigte Thurm ist (nach Mauch) im Äußeren dem der Johanniskirche in Gmünd ähnlich, doch nicht eben so elegant. Er hat Lisanen an den Ecken und romanische Rundbogenfriese. Wahrscheinlich früher um einen Stock höher und über das Kirchendach sich erhebend, erhielt er (bei der Zerstörung durch den Truchseß im Jahr 1525 als Mordschauplatz mit der Kirche, aus welcher das Venerabile vorher weggetragen wurde, ausgebrannt) später oben eine andere Gestalt. Denn er hat keinen Kranz mehr, auf welchen damals Dietrich von Weiler heraustrat und von welchem derselbe nach dem von unten erhaltenen Schusse herabgestürzt wurde. Man wollte wohl bei der späteren Restauration das Andenken hieran vertilgen. Das neuaufgesetzte spitzige Schieferdach hat eine bemerkbare Senkung gegen die Stadt herab – da das Kreuz nach dem Blitzschlage vom Jahr 1760 nicht senkrecht aufgesetzt wurde (Stadtprot.). Die 3 Glocken datiren vom Jahr 1652, da die alten im 30jährigen Kriege geraubt worden waren. S. oben S. 152.

Die Kirche selbst ist eine Säulenbasilika; ihr Styl ist der romanische, wie er sich zur Zeit der fränkischen Kaiser in Deutschland ausgebildet hat. Die Fenster sind noch nicht gedoppelt, sondern einfach, enge, nach innen sich erweiternd, theils cirkelrund, theils länglicht viereckig und schmal mit einem Halbcirkelbogen. Einige größere viereckige Fenster gehören der neueren, Lichtsuchenden Zeit an. Die Dachfriese haben rundbogige Verzierungen, unter welchen sich hie und da Lilien, Larven und phantastische Thiergestalten finden, sehr roh ausgehauen. Die westliche Giebelseite ist sichtbar schon zweimal restaurirt, beziehungsweise bis nahe an die westliche Stadtmauer verlängert worden – im vorigen Jahrhundert und schon früher. Unter einem einzigen, großen, langen und breiten Rundbogenfenster in der Mitte, durch welches der Blick von der Kanzel etc. aus gerade auf die Burg hinauffällt, hat sie ein Portal mit je 2, zu beiden Seiten auf niedrige Sockel gestellten, circa 10–12′ hohen Säulen. Um die 4 Säulenschafte schlingen sich mit gekreuzten Bändern Epheu- und Rebenblätter; an den Kapitälen sieht man eine große Larve mit Schnörkeln und Verzierungen, Raubvogelfüße, Bocksfüße und einen kleinen Bären. Der Halbkreis über dem Thürensturz ist in 2 gleiche Theile getheilt; in jedem Feld ist ein Kreuz in der Form des Deutschordenskreuzes. Neben dem nördlichen Kreuz ist eine Lilie und ein Spaten; das südliche steht zwischen 2 Lilien. Auf dem Thürensturz und um den Portalbogen herum steht in Unzialbuchstaben:

o qui terrenis inhias homo desipuisti. His quid in obscenis gaudes? tota Numina Christi conanda. Zu Deutsch etwa:

„Sinnlos bist Du, o Mensch! wenn das Irdische gierig Du haschest. Wie magst freu’n Du des Unflaths Dich? Nein, Wesen und Willen Christi such’!“

Bei der früheren Restauration der Giebelseite wurden Steine mit