Seite:Dillenius Weinsberg 272.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und zu der Liebe ew’gem Bunde
das Herz dem Herzen sich vermählt,
dann soll sie dieser Ring verbinden
– nicht mehr ein Ring aus fremdem Land,
und Jedem sinnvoll es verkünden:
er sey der Treue Bild und Pfand.
     Und fest und unerschüttert sey
in ihrem Bund die deutsche Treu.

Und prahlt der Mann mit seinen Schlachten
mit Männerthat und Heldenmuth,
will er das schwäch’re Weib verachten
wie Mancher thut im Übermuth,
dann ohne Streit – statt aller Klage –
statt aller Antwort hebe sie
den Finger in die Höh’ und sage
dem übermüth’gen Manne: sieh!
     sieh hier zu Deiner Schaam und Reu
das Ringlein von der Weibertreu.

So geht denn hin nach allen Zonen,
ihr Ringe mit dem edlen Stein!
Kehrt ein, wo treue Weiber wohnen
vom Donaustrome bis zum Rhein!
Und möchten wir an allen Frauen
an aller Mädchen zarter Hand
Euch bald als Schmuck und Kleinod schauen
im ganzen lieben Vaterland!
     Und wo Ihr hinkommt, blüh’ auf’s Neu
die alte deutsche Weibertreu!

Jan. 1824.




6) Die Stiftung des Frauenklosters Lichtenstern durch Luitgardis von Weinsberg. S. ob. J. 1242. Von J. Kerner.


Zu Weinsberg steht ein Hügel,
der grauer Vorzeit Trümmer trägt,
in denen Westhauchs Flügel
in stiller Nacht die Harfe schlägt. *)[1]

Hörst Du dieß fremde Klingen
vom Berge durch die Rebenflur:
fragst Du: woher dieß Singen?
singt ihren Kummer die Natur?


  1. *) S. oben J. 1824. Aeolsharfen in den Öffnungen des runden Thurmes.