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1816. Fortdauernde, fruchtlose Verhandlungen über eine ständische Verfassung – unterbrochen durch den am 30. Oct. d. J. unerwartet erfolgten Tod des Königs Friedrich, 7 Tage vor seinem 62. Geburtstag.

Unter König Wilhelm. 1816 bis jetzt.

Regierungsantritt Königs Wilhelm, vermählt am 24. Januar ebendieses Jahrs mit Katharina, Großfürstin von Rußland, Wittwe von Prinz Georg von Holstein-Oldenburg.

Der Sommer dieses Jahres war so permanent regnerisch und naßkalt, daß schon die Heuerndte fast nicht eingethan werden konnte und auch für die übrigen Feldfrüchte gänzlicher Mißwachs zu besorgen war, wozu auch noch der Bezirk am 8. August von Hagelschlag betroffen wurde, dessen Schaden in der Stadt auf 49,148 fl., im ganzen Bezirk auf 102,212 fl. geschätzt wurde. Zugleich verderblicher Sturm und heftige Gewitter nach jedem Sonnenblicke. – Der Herbst mißrieth gänzlich, da die Trauben nicht zur Reife gelangten. Der aus den ausgeschnittenen, weniger harten und sauren Trauben gewonnene Wein war nur durch Vermischung mit Obstmost trinkbar. Dennoch stellte sich die Weinrechnung vom Wein I. Kl. auf 40 fl., III. Kl. auf 30 fl. und der Preis zu Stuttgart auf 70–80 fl. Alter Wein stieg auf 100 fl. bis 250 fl. – In Folge hievon außerordentliche Theurung und Hungersnoth bis 1817. Fruchtpreise: Lichtmeß Kernen 15 fl., Haber 4 fl.; Martini Kernen 34 fl., Haber 7 fl. 15 kr.

Brodtaxe: 8 Pfd. März 24 kr., April 26 kr., Juli von 33 kr. auf 36 und 38 kr. steigend. Nach der Mißerndte: August 40 und 42 kr., September 40 und 48 kr., October 38 und 44 kr., December 43 und 46 kr. 3 Loth Weck 1 kr.

Im Juli wurden von der Stadt 100 Scheffel Dinkel angekauft und an die Bäcker allmählich abgegeben, welche von 1 Scheffel 120 Laibe à 8 Pfd. liefern mußten. Nach geschehener Aufnahme der hülfsbedürftigen Armen wurde 1 solcher Laib à 8 Pfd. abgegeben: an ganz Arme um 12 kr., an Mittelarme um 24 kr.

Zu Unterstützung der Armen und Verhagelten des Bezirkes kam im Aug. d. J. eine Anweisung von 218 Scheffeln Dinkel, 50 Schffl. Gersten, 20 Schffl. Roggen in gemindertem Preise, und für arme Weingärtner ein Steuernachlaß von 5000 fl.

Wegen der Theurung wurde schon am 8. Aug. der Ausfuhrzoll von Früchten erhöht und die Fruchtverkaufsaccise aufgehoben.

5. Nov. Eröffnung des deutschen Bundestags in Frankfurt.

Württemb. Bundescontingent sammt Reserve 20,934 Mann.

Niederste Temperatur im Februar − 17 °, 77 Eistage; höchste im Juli und August + 23 ° Reaumur. Nur 15 Sommertage mit + 20 °.

1817. Durch vorangehenden Mißwachs fortdauernde außerordentliche Theurung und Hungersnoth. Der Preis von 1 Scheffel Dinkel stieg auf 40 fl., Gerste auf 52 fl., Haber auf 24 fl., 1 Sri. Erbsen galt 7 fl., 1 Sri. Kartoffeln 4 fl., 1 Pfd. Brod 18 kr.

Die Brodtaxe für 8 Pfd. Brod war: im Januar 54 kr., Februar 56 kr., März 58 kr. bis 1 fl., April 1 fl. 2 kr., Mitte 1 fl. 4 kr., Ende 1 fl. 8 kr., Mai 1 fl. 10 kr., 1 fl. 8 kr., Juli 1 fl. 12 kr., nach der Erndte Aug. wieder 54 kr., September 36 kr., October 40 kr., November 44 kr. – Ochsenfleisch im Juli 15 kr. pr. Pfd., Rindfleisch 12 kr.

In dieser Zeit der bittersten Noth half die Königin Katharina (s. 24. Jan. 1816) durch eigene reichliche Gaben, durch Stiftung von Wohlthätigkeitsvereinen im