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f) Stadt und Amt Weinsberg unter (östreich.) gräflich Trautmannsdorf’scher Herrschaft. 1635–1646.

Den evangelischen Pfarrern der neuen Herrschaft wurde der freie Abzug bewilliget, weil die Kaiserlichen überall mit ihrer Herrschaft auch die päbstliche Religion wieder einzuführen im Sinne hatten; wie denn auch bereits nach der Nördlinger Schlacht alle Stifter und Klöster im Land wieder von den geistlichen Ordensleuten in Besitz genommen waren. Die gedachte Maßregel scheint aber nur bei der Kirche vom vormaligen Kloster Lichtenstern durchgeführt worden zu sein, welche (nach Binders Kirchen- und Lehrämtern I. p. 333) von 1635 bis 1642 „wieder in katholischen Händen war.“ Der evang. Stadtpfarrer in Weinsberg M. Pfeil starb den 5. Septmbr. 1636 und wurde 1636 wieder durch den evangelischen Stadtpfarrer M. Oesterlin ersetzt. Der evangel. Diacon M. Weiler starb nach Obigem im Oktober 1635 und wurde 1636 durch den evangel. M. Heß ersetzt. Von 1640 bis 1662 war das Diaconat mit Christoph Kautz besetzt, welcher den 19. Februar 1662 hier starb. Übrigens ist es, in Beziehung auf obgedachte Absicht der neuen Herrschaft, nicht unbemerkt zu lassen, daß die Lichtensternsche Pfarrei Obereisisheim (damals Neuenstadter Superintendenz) von 1636–39, Untereisisheim von 1636–49 vacant, Lampoldshausen von 1636–48 „öde und leer“ stand, so wie daß in den Weinsbergschen Bezirkspfarreien Bitzfeld, Eberstadt, Horkheim, Schwabbach, Waldbach und Willsbach gerade im Jahr 1636 neue Besetzungen, wenn auch mit evangelischen Geistlichen vorkommen, ebenso bei den Diaconaten Neuenstadt und Möckmühl und bei den Neuenstadter Pfarreien Cleversulzbach, Gochsen, Roigheim, Siglingen und Widdern. Indessen kommt hier im Allgemeinen in Betracht, was Spittler in obengenannter Stelle über das sich Verlieren von über 300 Kirchendienern und von ihrer Ersetzung durch junge Leute, die kaum die Universität gesehen, und die oft mit einer Postille unterm Arm ausgesendet wurden, erzählt.

Wie die obengenannten sechs evangelischen Geistlichen der Superintendenz Weinsberg gerade in diesem Unglücksjahre von ihren Stellen weggekommen, was für Drangsale dieser schreckliche Krieg über sie gebracht, davon findet sich nur die Spur, daß dem Pfarrer von Eberstadt, M. Renz, im August d. J. ein sechsjähriges Töchterlein, dem Pfarrer von Obereisisheim, M. Oesterlin, am 27. Dezember als das letzte Opfer der Pest ein Kind in Weinsberg starb, beide also wohl mit ihren Familien auf der Flucht in Weinsberg waren. Beide verschwinden 1635 von ihren Stellen. Oesterlin kommt 1636 als Stadtpfarrer nach Weinsberg, s. oben.

1636 war abermals ein Hunger- und Theurungsjahr, darin zwar der Wein wohl gerathen, der Ackerbau aber aus Mangel an Pferden größtentheils wüste liegen geblieben. Denn wegen stetiger Unsicherheit konnte auf dem Lande Niemand Pferde behalten. Was hie und da mit der Haue bebaut wurde, war nicht von Bedeutung. Dazu eine neue Plage, zahlreiche Mäuse. Daher schlechte Erndte. Der Scheffel Dinkel galt 10 fl. Aus Hunger zankte man sich um Roß- und Hundefleisch; die Armen verzehrten Ratten und Mäuse. Niemand hatte noch Lust zu Feldgeschäften; Weinberge und Äcker blieben fast alle wüste liegen, weil es immer im Winter Quartier, im Sommer Parteien und Durchzüge gab, wo Niemand des letzten Laibs Brod, den er hatte, sicher war. Es starben übrigens in diesem Jahr nur 79 Personen, etwas über ⅓ mehr als in gewöhnlichen Jahren. Dagegen s. 1637.