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Kirchheim, Schorndorf und Asberg, ohne daß die daselbst liegende spanische Besatzung es verhindern konnte – etwas Ruhe hatte, um die Klagen und Bitten seiner neuen Unterthanen zu hören, fanden auch die von Weinsberg an ihm einen gerechten Regenten, und es verdient bemerkt zu werden, daß selbst Graf Sebastian von Helfenstein, ein Bruder des bei Weinsberg 25 Jahre zuvor Gemordeten, sich für sie beim Herzog verwendete.

Nachdem Herzog Christoph nach Auflösung der Kirchenversammlung zu Trient

1552. 30. Juni das Interim aufgehoben und die württemb. Confession in seinem Lande allgemein eingeführt hatte, gab er

1553. dd. 18. Mai der Stadt Weinsberg urkundlich, durch einen im oft gedachten Weinsberger Privilegienbuch enthaltenen Begnadigungsbrief von diesem Jahr; alle ihr entzogenen Rechte, Freiheiten und Einkünfte zurück und der erste evangel. Stadtpfarrer nach dem Interim, Johann Dieterich, wurde zugleich Superintendent der Diöcese Weinsberg.

Der von der östreichischen Regierung beabsichtigte Wiederaufbau der Burg (s. oben p. 117) unterblieb. Dagegen ließ H. Christoph in der Stadt ein kleines Schlößchen bauen, das aber bei seinem Absterben noch nicht vollendet war *)[1]. Über seine spätere Benützung durch eine fürstliche Person läßt sich Nichts ermitteln. Weil aber die Kellereiwohnung 1660 verkauft wurde, so ward es vorläufig dem jeweiligen Keller zur Wohnung eingeräumt. Im Lagerbuch von 1629 ist es folgendermaßen auch nach seiner Lage bezeichnet:

„Es haben auch Se. Fürstl. Gnaden Eine Behausung sammt einem großen Keller darunter und einem kleinen Gärtlein dabei an dem Kirchhof und der Meßnereibehausung gelegen; so ein Keller amtshalber bisher bewohnt.“

Diese Behausung scheint das gedachte Schlößlein gewesen zu sein. Als „Schlößlein“ erscheint es in der Rechnung von 1707:

„Schlößlein, Keller, Kelter und Kästen sammt Allem verbronnen.“ (Bei dem großen Brand von 1707, s. unten.)

Mit dieser Zurückgabe ihrer Stadtrechte 1553 begann für die Stadt Weinsberg eine Zeit der Erholung von langem Drucke und Elend, welche beinahe 6 Jahrzehnde hindurch (unter Herzog Christoph † 1568, Ludwig † 1593 und Friederich I. † 1608) von keinen neuen allgemeinen Unfällen unterbrochen wurde, außer von Zeiten der Theurung und von Seuchen, als Folgen der Witterungsverhältnisse etc., die wir nun hier von 1534 an bis zu Ende des Jahrhunderts mit einigen Zwischensätzen einschieben.

Die Bevölkerung nahm wieder so zu, daß schon

1555 ein zweiter evang. Prediger oder sog. Diaconus in der Person des M. Christoph Kautz aufgestellt werden mußte, welcher aber, wie Mehrere seiner Nachfolger, nur 1 oder 2 Jahre hier functionirte, bis im Jahr

1595 Ellhofen als Filialpfarrei zum Diaconat kam, von wo an die Dienstzeit der Diacone in der Regel eine längere ist.

Auch eine lateinische Schule mit 2 Lehrern, Präceptorat und Collaboratur wurde in dieser Periode ca. 1560 errichtet. Caspar Breit und Ludwig Schumaier, 2 Lehrer, visitirt 1590 von M. Engelhard. (Crus.)

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  1. *) Pfisters Herzog Christoph I. S. 547. und Sattlers topogr. Gesch.