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Verschonung wurde den Bürgern zur Bedingung gemacht, die vielen Verwundeten sorglich zu pflegen und die Bauern mit Wein und Lebensmitteln zu versehen, so lange sie in Weinsberg lägen.

Auch in der Kirche und Sacristei wurden alle Truchen erbrochen, das Allmosen, die Monstranz, die Kirchengefässe genommen. Die Bauern waren mit ihren Gedanken so sehr nur beim Plündern, daß Wolfgang Schäfer, der Schulmeister, ihnen unter dem Geschäft 2 Altarkelche wieder heimlich wegnehmen konnte. In der Stadt plünderten sie jedoch selbst in den preisgegebenen Häusern mit Rücksicht. Als sie ein Trüchlein mit Geld in einer Kammer fanden und Schäfer, der Schulmeister, sagte: es gehöre armen Kindern zu Weinsberg, ließen sie es geschehen, daß er es davon brachte.

Im Schlosse fanden sie die reichste Beute. Der Eine trug einen Becher davon, ein schönes Silbergefäß, das dem Grafen gehörte; der Andere seidene Decken und seidene Gewande, Zinngeräth und Leinwand. Dionysius Schmid erbeutete allein bei 60 Gulden; Koberer so viel, daß er sagte: Lucas schriebe nicht davon. Es war ein solches Reißen und Zerren um die Kostbarkeiten, daß sie oft das Beste übersahen. So lag ein Futteral am Boden; es sah aus wie ein Löffelfutteral. Einer und der Andere hob es auf und warf es wieder weg. Zuletzt nahm es Einer und öffnete es; „da stack es voller Ring und Ding“. Dionysius Schmid allein verkaufte um 50 fl. Ringe und Kleinodien an einen Nürnberger Goldschmid, sein Bruder Caspar um 15 fl. Der reiche Weinvorrath des Schloßkellers wurde in’s Lager geschafft. Beutemeister war Hanns Wittich von Ingelfingen; er vertheilte Früchte und Wein.

So verging der Mittag und Abend mit Plündern, Beutevertheilen, mit Wohlsein im Essen und Trinken und dabei ging das alte Welfenschloß in Flammen auf.

Seitdem liegt es in Trümmern (s. unten Jahr 1553 und 1769).

Wo war indessen Florian Geyer?

In der eroberten Stadt finden wir ihn nicht, auch nicht bei der folgenden Blutthat. Er hatte im Bauernrathe den Grundsatz aufgestellt: man solle alle fester Häuser ausbrennen und ein Edelmann nicht mehr denn Eine Thüre haben wie ein Bauer. Die Anderen hatten gerade zuvor den Satz angenommen, daß alle Klöster abgethan, die Mönche hacken und reuten müssen, wie die Bauern. Florian meinte, wenn das Volk frei werden sollte, müsse der Adel wie die Pfaffen den Bauern gleich gemacht werden, daß nur Ein Stand wäre auf deutschem Boden, der Stand der Gemeinfreien. Darum drang er auf Zerstörung aller Herrensitze, der weltlichen wie der geistlichen. Demzufolge hielt er sich wohl in der von ihm eroberten Burg mit deren Zerstörung auf. Anderer Ansicht war Wendel Hipler, welcher besonders auf den Oberhauptmann Jörg Mezler Einfluß übte. Dieser wollte den Adel in das Interesse der Bauern ziehen, ihn für die bei der Befreiung des Volkes zu verlierende Rechte aus den säcularisirten geistlichen Gütern entschädigen und in den Bund mit den Bauern eintreten lassen. – (S. die unten folgende Ostermontagsberathung.) – Tief im Grunde seiner Seele wälzte Jäcklein Rohrbach andere Gedanken. Er war der Mittelpunkt der Schreckensmänner im Bauernheere. Rache war ihre Losung; „dem Adel ein sonderbar Entsetzen und eine Furcht einzujagen“ ihr nächstes Trachten *)[1].

Auf seinen Antrieb wurden schon ½ Stunde nach der Erstürmung


  1. *) Urgicht des Dion. Schmid. Haarer aus späteren Geständnissen.