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Selbst eine Anzahl Handwerke, welche einige Kunstfertigkeit erforderten, finden sich bereits in den alemannischen Gesetzen.

Die Einrichtung der Wohnungen von ihrem zeltartigen frühesten Aussehen an machte nur wenige Fortschritte; doch findet sich die innere Stubeneinrichtung bereits in den alemannischen Gesetzen als etwas Herkömmliches. Feste Wohnsitze in größeren ummauerten Städten waren ihnen verhaßt; sie erschienen ihnen als Gefängnisse und Grabstätten. Daher mußten die bedeutendern römischen Städte ihre Zerstörungswuth auf’s Empfindlichste fühlen.

Ihre Sitte war im Allgemeinen wild; Raub ihre Lust, Trunkliebe Gewohnheit. Die deutsche Sprache war als Schriftsprache bei ihnen noch so wenig entwickelt, daß noch in der folgenden Periode ihr Gesetz lateinisch abgefaßt werden mußte. Der Befehlshaber im Krieg und der Beamte und Richter im Frieden war bei ihnen in Einer Person vereinigt. Nach der ungefähren Hundertzahl der Männer oder Familien (Centar, Huntaren) stand die in einzelnen Höfen angesiedelte Einwohnerschaft unter Centvorstehern (centenariis). An der Spitze einer Anzahl von einander unabhängiger Gemeinden stand der Herzog, auch König genannt, deren Mehrere sich nur manchmal im Kriege wieder unter einem gemeinsamen Oberanführer vereinigten. Zu Abhaltung der Gerichte etc. waren Volksversammlungen bestimmt. Kriegsunternehmungen wurden von den einzelnen Herzogen mit ihren Volksgemeinden selbstständig beschlossen. Solcher Herzoge oder kleinen Könige bei den Alemannen wird eine Anzahl mit Namen genannt, insbesondere vom nachherigen Niederschwaben, also unserer Gegend, aus dem Kriege mit Julian Urius, Ursicinus und Vestralpus.

Dem Heidenthume hingen die Alemannen viel länger an, als die umwohnenden Völkerstämme, und wenn auch von Constantin’s des Gr. Zeit an einzelne Christen im Rheinthale vorkommen, so war doch die Hauptmasse des Alemannenvolkes am Schlusse dieser Periode noch heidnisch. Die alte Anbetung des Wuotan und seiner Neben- und Untergötter dauerte fort. Hauptwohnung ihrer Götter blieb noch immer der heilige Hain, in dessen Eichen dieselben thronten. Pferde, Ochsen und andere Thiere wurden diesen Göttern und den göttlich verehrten Bäumen, Strömen, besonders salzhaltigen Quellen und dergl. zum Opfer gebracht.

Mit dem Beginn des 5. Jahrhunderts, zur Zeit, wo die Söhne Theodosius des Gr., Arcadius und Honorius, das Reich unter sich theilten, begannen die Völkerzüge (in der sog. Völkerwanderung) sich wie ein Meer über Süd- und Westeuropa zu ergießen. Sueven, Alanen, Vandalen wälzten sich im Jahr 406 über Gallien herein und stürzten hier die Römerherrschaft für immer. Der Gothen-König, Alarich, durchzog Italien und eroberte im J. 412 sogar Rom. Sein Nachfolger und Schwager, Athaulf, gründete im südlichen Gallien das westgothische Reich.

Die Alemannen, welche in dieser Zeit das Neckargebiet – und damit auch das unsrige beherrschten, ergoßen sich gegen Süden und Westen; späterhin noch vorwärts getrieben von dem Sturme der Vandalen, Sueven und Alanen auf Gallien, schloßen sie sich im J. 451 dem Zuge des Hunnenkönigs Attila nach Gallien an, von dessen Zug durch unsere Gauen sich noch Spuren bei Wimpfen finden, und zerstörten im Verein mit den gleichgesinnten Hunnen alle römischen Niederlassungen. Es war ihnen aber nicht beschieden, einen dauernden, selbstständigen Staat zu gründen. Sie wurden erst von dem ostgothischen König Theodemir besiegt und stießen im J. 496 mit dem herrschsüchtigen Franken-König Chlodwig zusammen.