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dem Fries, „daß die Kirche aus den Resten eines römischen Bacchustempels entstanden sein möchte“ – gehört gewiß in das Reich der Träume, wie die Verzierung des Epheu- und Rebenlaubes einer späteren Periode angehört.




III. Abschnitt.
Aus der Zeit der freien Alemannen
(Jahr 282–536)

findet sich nicht die leiseste Spur von einer Burg oder Stadt Weinsberg. Wir können aus dieser dritthalbhundertjährigen Periode Nichts berichten, als daß in unserer Gegend, im Neckarthal und auf der Alb die Alemannen, welche schon unter Kaiser Valerian den römischen Gränzwall durchbrochen hatten, schon vor Kaiser Probus festen Fuß gefaßt hatten, nach dessen Tode sich hier auf’s Neue festsetzten und von da an bis zu Ende der Periode nicht wieder daraus vertrieben wurden. Die Kämpfe der Alemannen mit den nächstfolgenden Kaisern, mit Maximian, Constantius Chlorus, Constantin d. Gr., Constantius II., Julian, Valentinian und Gratian, berührten unsere Gegend nicht. Sie drehten sich mehr um den Rhein, über welchen die Alemannen, die Erzfeinde der Römer, wie Ammian sie nennt, immer wieder neue Einfälle in Gallien machten. Gratian war der letzte Cäsar, der den deutschen Boden betrat; es kam zum Frieden, wobei eine Anzahl junger Alemannen den Römern Kriegsdienste zu thun versprachen.

Diese Alemannen, welche jetzt nach Vertreibung der Römer als die Besitzer unserer Gegend erscheinen, glichen – nach Ammian – an Körpergröße und Haarfarbe, sowie in der Volkstracht, den im I. Abschnitt geschilderten Sueven. Das Leben der Männer bestand in steter Waffenübung; ihre Tapferkeit, Wildheit und Stärke wird auch von den feindlichen römischen Schriftstellern anerkannt.

Ihre Nahrung waren neben Baumfrüchten Fische, Wildprät, Rind- und Pferdefleisch. Beliebtes Getränke war das Bier, auf welches noch ein eigenes Spottgedicht – gegenüber dem Wein – von Kaiser Julianus existirt *) [1].

Trotz ihres kriegerischen Sinnes war die Viehzucht bei ihnen in großen Ehren.


  1. *) Sattlers Gesch. Württembergs S. 182:

    tu hircum non nectar oles, –
    bromum, haud bromium.

    Nach der köstlichen Übersetzung des Historiker’s Lehmann † 1699:

    Was bist du, Wein? wo kommst du her?
    Dich kenn ich nicht; beim Wein ich schwör!
    Der Wein schmeckt wie der Göttertrank;
    Du schmeckst nach eines Bocks Gestank.
    Die Deutschen, so der Trauben entbehr’n,
    Dich han gesotten aus Gerstenähr’n.
    Ein’ Gerstenbrüh du heißen magst,
    Nicht Rebensaft. Denn du auch plagst
    Den Leib mit unlustigem Krachen,
    Nicht wie Wein fröhlich Leut kannst machen.