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Verschiedene: Die zehnte Muse


Und sitzt er hinter Stäben hier auch fest –
Er träumt doch stets von seinem warmen Nest.

Und öffne ich ein wenig nur das Thor,

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So drängt sein schlanker Leib sich schon hervor.


Er schreit nach Liebe – es ist Frühlingszeit,
Es peinigt mich, wie er so hilflos schreit.

Ich weiss es wohl, wie bitter weh es thut,
Wenn man ersticken muss verhaltne Glut!

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Du sollst es nicht, schon ist das Fenster auf,

Nein, lass nur deinem Triebe freien Lauf!

Voll Hast entriegle ich sein kleines Haus:
Grüss mir die Liebe! – Husch – ist er hinaus!

Kurt Holm.





Eile der Liebe.

Ach, Liebste, lass uns eilen,
     So lang’ es Zeit;
Es schadet das Verweilen
     Uns beiderseit.

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Der edlen Schönheit Gaben

     Fliehn Fuss für Fuss,
Dass alles, was wir haben,
     Verschwinden muss.

Der Wangen Zier verbleichet,

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     Das Haar wird greis,

Der Augen Feuer weichet,
     Die Brunst wird Eis.

Das Mündlein von Korallen
     Wird ungestalt,

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Die Hände auch verfallen,

     Und du wirst alt.

Drum lass uns jetzt geniessen
     Der Jugend Frucht,
Bevor wir folgen müssen

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     Der Jahre Flucht!
Nach Martin Opitz von Boberfeld.
(1597–1639.)


Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/86&oldid=- (Version vom 31.7.2018)