Verschiedene: Die zehnte Muse | |
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Und wenn ich sie dann fassen darf
Im lust’gen deutschen Tanz,
Das geht herum, das geht so scharf,
Und wenn’s ihr taumlig wird und warm,
Da wieg ich sie sogleich
An meiner Brust, in meinem Arm;
’s ist mir ein Königreich!
Und alles rund vergisst,
Und dann an meine Brust gedrückt
Und weidlich eins geküsst,
Das läuft mir durch das Rückenmark
Ich bin so schwach, ich bin so stark,
Mir ist so wohl, so weh!
Da möcht ich mehr und immer mehr,
Der Tag wird mir nicht lang;
Davor wär’ mir nicht bang.
Ich denk, ich halte sie einmal
Und büsse meine Lust;
Und endigt sich nicht meine Qual,
Jungfräulich.
Dass andre dich vor mir besessen,
Hab’ ich an deiner Brust vergessen,
Du sahst mich an so kindlich rein –
Der erste glaubt’ ich stets zu sein.
Umhüllte dich so süsse Scham,
Dass ich nicht wusste, keusches Weib,
War wirklich mein schon dieser Leib?
So wie der Mai stets wieder mailich,
Und eine bange Brautnachtfreude
Entzückte täglich so uns beide.
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/70&oldid=- (Version vom 31.7.2018)