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Verschiedene: Die zehnte Muse


35
Halli! Hallo! Wie war ich froh!

Er fragt’ nicht lang und nahm mich so …
Im vierten Stock haust’ mein Poet …
Und da geschah’s – wie das so geht! –
Himmelhoch und himmelweit –

40
Heimlich süsse Seligkeit!

Ach! Wenn ich an seinem Halse hing,
War ich ihm alles – ich dummes Ding – –
Da ward ich wissend über Nacht – –
Trulala, Trulala –

45
Was glaub’n Sie, wie das glücklich macht!


Goldkehlchen mein und Sonnenscheinchen,
Sein süsses Mädel, lieb und dumm –
So nannt’ er mich und lobte meine Elfenbeinchen
Und trug mich buckelkrax herum.

50
O Gitt, o Gott! ’s ist jammervoll,

Dass solche Lieb’ auch enden soll! –
Doch vom Talent wird man nicht satt,
Wenn man nicht eine Rente hat! – –
Der Zweite war ein Herr Assessor,

55
Der stand sich schon erheblich besser …

Ja, meine Herr’n – die Jugend flieht!
Ein kluges Kind wird früh solid!
Treu’ hat noch nie was eingebracht – –
Trulala, Trulala –

60
Was glaub’n Sie, wie das glücklich macht!


Der Erste nahm sich nicht das Leben,
Als ich zum Zweiten mich gewandt,
Er liess mich schleunigst nur die Trepp’ hinunterschweben – –
Worauf er aus der Stadt verschwand.

65
Trali! Trala! ’s ist lang schon her,

Bin längst kein dummes Mädel mehr! –
Ich fahr’ zum Rennen viere lang
Und hab’ mein Conto bei der Bank!
Flog ins Licht als graue Motte –

70
Doch jetzt bin ich grande Cocotte!

Je m’en fiche de tout ce que m’accuse!
Hein! Messieurs, je vous amuse?
Vlan les volants! Heh! Kreischt und lacht!
Trulala, Trulala –

75
Was glaub’n Sie, wie das glücklich macht!
Ernst von Wolzogen.


Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/52&oldid=- (Version vom 31.7.2018)