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Verschiedene: Die zehnte Muse

Die Asphaltblume[1]

Wer ist erst neunzehn Jahre
Und ist schon so verderbt?
Wer trägt die schönen Haare
Kastanienrot gefärbt?

5
Wer schläft und träumt tagsüber

Betthimmelüberdacht?
Das ist die Asphaltblume,
Der Stern der Mitternacht!

Wer fliegt spät aus am Abend

10
Beim Bogenlampenschein?

Wer ist nach zehn Minuten
Dann meist nicht mehr allein?
Wer kommt so spät nach Hause,
Wenn rot der Morgen lacht?

15
Das ist die Asphaltblume,

Der Stern der Mitternacht!

Wer ist so oft bei Emberg,
So oft in Halensee?
Wer fährt so gerne Dogcart?

20
Wer rudert auf der Spree?

Wer ist es, der bei Dressel
Sektselig lallt und lacht?
Das ist die Asphaltblume,
Der Stern der Mitternacht!

25
Wer wird so hoch gefeiert

In Drama und Roman?
Wer schmückt die Kunstausstellung
Fein an der Lehrter Bahn?
Wer wird von frommer Muhme

30
Ins Rettungshaus gebracht?

Das ist die Asphaltblume,
Der Stern der Mitternacht!

Hans Brennert.

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Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/36&oldid=- (Version vom 31.7.2018)