Verschiedene: Die zehnte Muse | |
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Es öffnet sich – o sonnenklar! –
Ein Sittenabgrund schaurig!
Wie amüsant! – Wie traurig!
Weit lieber als die falsche Zier
Ein frommer Strassenkehrer!
Wir sind doch bess’re Menschen, wir,
Ja, bess’re Menschen, tugendhaft
Vom Wirbel bis zur Zehe,
Und Mut und Kraft und Leidenschaft,
Die thun uns niemals wehe.
Sind stets vergnügt und heiter,
Und sind wir alt, dann sterben wir
Und schnarchen ruhig weiter.
Weihnachts-Wünsche.
Nun haben ihre Wünsche die lieben
Kinder wieder aufgeschrieben.
Die Aelteste möcht eine Puppenstube,
Pferd und Wagen erhofft sich der Bube,
Kinkerlitzchen und Schnurrpfeiferei’n;
Sie wollen tausend bunte Sachen,
Die Kindern Spass und Freude machen.
Der Vater liest mit lächelndem Bangen
Und spricht: »Schier müsst ich ein Rothschild sein,
Wollt alles ich erfüllen euch drei’n!
Vorerst, wenn ich mir’s recht bedenke,
Möcht ich auch etwas zum Geschenke;
Zu Weihnacht – drei artige Kinder haben!«
Der Bube senkt den Kopf auf die Brust,
Auch die Aelteste fühlt sich getroffen vom Spotte –
Doch hocherfreut ruft die kleine Lotte:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 335. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/341&oldid=- (Version vom 31.7.2018)