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Verschiedene: Die zehnte Muse

Die trägt mich noch empor auf Geistesflügen
In Sonnennäh’n,

15
Die euer Flug in seinen niedern Zügen

Niemals gesehn!

In meinem Auge flammt des Lichts ein Funken,
Das dort ich trank;
Ich hab der Sonne Licht und Luft getrunken,

20
Ihr Staub und Stank!« –


Da blinzelten die Eulen eine Stunde
Ihm hinter her,
Da flatterten die Krähen in der Runde
Und krächzten sehr. –


Theod. Vulpinus.




Die Fledermaus.

Die Fledermaus rief: O Wiesel!
Vor Aengsten ergreift mich ein Friesel.
Dein bin ich kein würdiger Schmaus,
Ich bin ja nicht Vogel, nur – Maus.

5
Grossmütig sagte das Wiesel:

Die Mausart, wahrlich, ist neu;
Doch hab’ ich kein Herz von Kiesel!
Und liess die Fledermaus frei.

     Die Fledermaus rief: O Schuhu,

10
Verschone mich, edelster Uhu!

Dein bin ich kein würdiger Schmaus,
Ich bin ja ein Vogel, nicht Maus.
Ei, sprach der Tyrann der Mäuse,
Die Vogelart ist mir neu;

15
Doch entflieg aus unserem Kreise!

Und liess die Fledermaus frei.

     Die Fledermaus rief: O Katze!
Lass ab von mir seltenstem Schatze,
Dem Adler dien’ ich zum Schmaus:

20
Zugleich bin ich Vogel und Maus. –

Nein, Prahler, du sollst mir verderben,
Nicht umsonst hab’ ich dich erzielt!
Auch möge jeder so sterben,
Der zweierlei Rollen spielt!


Joh. Ch. Friedr. Haug.
(1769–1829.)



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Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/256&oldid=- (Version vom 31.7.2018)