Seite:Die zehnte Muse (Maximilian Bern).djvu/170

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die zehnte Muse


25
Wenn es galt ein Flüsterpiano,

Schien er, mit gespreizten Fingern
Wehrend, in die Kniee knickend,
Sich zum Zwerge zu verringern.

Dann, Fortissimos entfesselnd,

30
Reckt’ er ängstlich hoch die Pranken,

Fast als wuchtet’ er herkulisch
Auf der Sündflut Schleusenplanken.

Kurz er that, als ob er alles
Mit grotesker Sinnbild-Geste,

35
Start aus Instrumenten, magisch

Aus dem eignen Leibe presste.

Wilh. Jordan.







Frauentypen.


     Die Herzlose.

Sie war bedacht mit allen Gaben,
Mit Schönheit, Geist und Witz; – allein,
Wo andre ihre Herzen haben,
Da sass bei ihr ein grosser Stein.

5
Sie glaubte nicht an reine Neigung,

Sie leugnete der Liebe Macht,
Und über jede Gunstbezeigung
Hat unbarmherzig sie gelacht.

»Nur der«, so rief sie einst beim Plaudern,

10
Könnt’ brechen meinen Widerstand,

Der unverzüglich, ohne Zaudem
Mir opfern würde seine Hand.«

Als tags darauf ein Jüngling, schaurig,
Mit abgehau’ner Hand erscheint,

15
Sagt lächelnd sie zu ihm: »Wie traurig! –

Ich hab’ die andere gemeint«



     Die Gutmütige.

Im Gatte hat mit Schmerz gehört,
Dass sie ihn kürzlich hat betrogen;
Er ist entrüstet und empört,

20
Es wallen seines Zornes Wogen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/170&oldid=- (Version vom 31.7.2018)