Seite:Die zehnte Muse (Maximilian Bern).djvu/115

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die zehnte Muse


Wie bebt vor deiner Küsse Menge
Ihr Busen und ihr voll Gesicht;
Zum Zittern wird nun ihre Strenge,

20
Denn deine Kühnheit wird zur Pflicht.

Schnell hilft dir Amor sie entkleiden,
Und ist nicht halb so schnell als du;
Dann hält er schalkhaft und bescheiden
Sich fest die beiden Augen zu.

Wolfg. Goethe.





Lied.

Greift zum Becher und lasst das Schelten!
     Die Welt ist blind …
Sie fragt, was die Menschen gelten,
     Nicht, was sie sind.

5
Uns aber lasst zechen … und krönen

     Mit Laubgewind
Die Stirnen, die noch dem Schönen
     Ergeben sind!

Und bei den Posaunenstössen,

10
     Die eitel Wind,

Lasst uns lachen über Grössen,
     Die keine sind!

Heinrich Leuthold.





Lebensgenuss.

Brüder, lasst uns fröhlich sein,
Weil der Frühling währet,
Und der Jugend Sonnenschein
Unser Laub verkläret;

5
Grab und Bahre warten nicht,

Wer die Rosen jetzo bricht,
Dem ist der Kranz bescheret.

Rasch entstürmt der Jahre Flucht
Mit verhängtem Zügel,

10
Und des Schicksals Eifersucht

Leiht dem Lenze Flügel.
Brüder! trinkt, noch ist es Zeit,
Eh’ der Herbstwind Blätter streut
Auf uns’res Grabes Hügel.


Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/115&oldid=- (Version vom 31.7.2018)