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aufweist. Freilich sind, wie es scheint, die Siegel Heinrichs VI. noch garnicht erforscht, so dass sich abschliessendes nicht sagen lässt. Posse kennt denn auch nur eine Goldbulle an einem Diplom (St. 4771) von 1192 (Taf. 23, 5. 6) und weiss über deren Vorkommen nichts anzugeben, während nach Stumpf z. B. auch an den Urkunden, Reg. 4922 und 4925 aus dem Frühjahr 1195 Goldbullen hängen sollen, von denen, wenn sie überhaupt noch vorhanden, noch festzustellen wäre, ob sie nicht mindestens durch die Angabe des sicilischen Königstitels von der älteren verschieden sind.

Nicht anders aber verhält es sich auch mit zweien der von Posse abgebildeten Siegeltypen K. Friedrichs II. Ich glaube nicht an die Echtheit des von ihm als Variante des bekannten Typus (Taf. 27, 6) wiedergegebenen Siegels (Taf. 27, 7), das nach einem ganz unbeglaubigten Gipsabguss reproduziert ist und allerdings seiner Angabe nach auch an dem D. B.-F. 782 (s. oben S. 248, N. 1) sich befinden soll. Wenn nicht etwa der Gipsabguss auf dieses selbe Stück zurückgeht, so möchte ich die tatsächliche Identität des Stempels noch nicht für zweifellos halten[1]. Zu diesem Zweifel aber berechtigt mich nicht nur die Arbeit, die bei aller Uebereinstimmung mit dem echten Typus in den Abweichungen nur durchweg Verschlechterungen darbietet, sondern dass in einem ähnlich gelagerten Fall die Angabe Posses tatsächlich falsch ist. Bereits Philippi, Zur Geschichte der Reichskanzlei unter den letzten Staufern S. 80, hat zum D. B.-F. 1599 bemerkt, dass es mit einer Nachbildung des echten Kaisersiegels Friedrichs II. (Taf. 29, 1) versehen sei, Posse dagegen bildet (Taf. 29, 2) eine Variante dieses echten Siegels wiederum nach einem unbeglaubigten Gipsabguss ab und behauptet, dieser Typus komme auch an B.-F. 1599 vor. Erweckt


  1. Der liebenswürdigen Bemühung des Herrn Dr. Hans Hirsch verdanke ich die Möglichkeit, an die Stelle blosser Vermutung ein sicheres Ergebnis setzen zu können. Er hatte die Güte für mich im Deutschordensarchiv zu Wien den Vergleich zwischen dem von Posse auf Taf. 27, 7 abgebildeten und dem für dessen Vorkommen zitierten Siegel an dem Diplom B.-F. 782 vorzunehmen mit dem Resultat, dass Posses Angabe ganz zweifellos unzutreffend ist, und dass vielmehr dieses Siegel seinem Typus Taf. 27, 6, d. h. dem auch sonst mehrfach nachweisbaren Stempel, entspricht. – Damit aber wird man auch in diesem Falle davon absehen müssen, den Typus Taf. 27, 7 als eine echte Variante von Taf. 27, 6 in Betracht zu ziehen; es handelt sich augenscheinlich auch hier um eine auf Grund des echten Typus vollzogene Ueberarbeitung oder Fälschung einer Matrize, auf der dann der Gipsabguss in Dresden beruht.
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Hans Wibel: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige (Rezension). Hahnsche Buchhandlung, Hannover und Leipzig 1910, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Siegel_der_deutschen_Kaiser_und_K%C3%B6nige_(Rezension).pdf/9&oldid=- (Version vom 31.7.2018)